Heute besuchen wir zunächst das 'Ganglegg', eine eiszeitliche Gletschermoräne oberhalb von Schluderns. Anschließend kehren wir noch einmal zum 'Tartscher Bühel' zurück, ein Felsbuckel aus Glimmerschiefer zwischen den Ortschaften Schluderns und Mals, in dem Volkssagen verborgene historische Geheimnisse vermuten. Eine kleine Grabungskampagne im Kontext der Untersuchungen auf dem 'Ganglegg' führte zu bemerkenswerten Erkenntnissen.
Link zur Fotoserie unserer archäologischen Wanderung vom 10.07.2012
Rundgang auf dem 'Ganglegg'
Der Name 'Ganglegg' steht in keinem sprachlichen Zusammenhang zum archäologischen Park dieses Gebietes. 'Ganglegg' leitet sich vom Ausdruck 'Gangl' ab, der eine gemauerte Einfriedung bezeichnet, in der Weidetiere temporär zusammengetrieben werden. Zwei südtiroler Hobbyarchäologen haben dieses Gebiet in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts untersucht und konnten aufgrund der Bedeutung ihrer Funde wissenschaftliche Grabungen anstoßen, die im Zeitraum von 1997-2001 durchgeführt wurden. Diesen Aktivitäten verdanken wir einen archäologischen Park auf dem 'Ganglegg' sowie ein Museum in Schluderns, das die Fundstücke der Grabungen ausstellt. Das Ganglegg gilt als die am besten erforschte, frühzeitliche Höhensiedlung des gesamten Alpenraums. Archäologische Untersuchungen zeigen, dass am 'Ganglegg' vor allem Metallverarbeitung stattfand, während Landwirtschaft nur für den Eigenbedarf betrieben wurde. Kupfererze sind im näheren Umfeld zu finden. Zinn musste importiert werden (vermutlich aus England), um Bronze herzustellen. Artefekte ortsfremder Kulturen belegen, dass offensichtlich ein Austausch mit keltischen Kulturen stattfand und der Fernhandel nach Süddeutschland, Oberitalien und dem Balkan reichte.
Dank archäologischer Methoden sind mehrere Siedlungsperioden nachzuweisen. Vom 10. - 5. Jh. v. Chr. sowie vom Jahr 15 v. Chr. - bis Mitte des 3. Jh. n. Chr. werden unbewohnte Zeiträume angenommen.
Gemäß archäologischer Systematik gliedert sich die Siedlungsgeschichte in vier Perioden:
- Kupferzeit (3300 – 2200 v. Chr.)
- Mittlere und Spätere Bronzezeit, (14. – 13. Jahrhundert v. Chr.) sowie in der Zeit der Laugen-Melaun-Kultur (12. – 11. Jh.), die sich mit ihrer Keramik sowie mit Brandopferplätzen und der Brandbestattung in Urnen von Vorgängerkulturen abhebt. Mit der Laugen-Melaun-Kultur gewinnt im Etschtal neben der Metallverarbeitung der Weinanbau und der Weinhandel an Bedeutung. Handelsbeziehungen reichen bis nach England und auf den Balkan. Bemerkenswert sind zudem spezielle Heiligtümer, die oft auf abgelegenen Berggipfeln in Form aufgetürmter Steinkegel angelegt sind, auf denen Opfergaben verbrannt wurden.
- Die Besiedlung während der Eisenzeit (ab 4. Jahrhundert bis 16 – 15 v. Chr.) wird der Fritzens-Sanzeno-Kultur zugeordnet, deren Träger die 'Räter' sind. ('Räter' ist eine römische Sammelbezeichnung für Ethnien des Alpenraums.) Ein intensiver Austausch findet insbesondere zu keltischen Stämmen sowie zu Etruskern statt.
- In der Spätantike (2. Hälfte des 3. Jahrhundert – 4. Jahrhundert n. Chr.) wurde die Siedlung erneut reaktiviert, weil sie vermutlich in Anbetracht zunehmender politischer Unsicherheit einen besseren Schutz als Talsiedlungen bot.
Rekonstruktion eines eisenzeitlichen Hauses am Ganglegg |
Rekonstruktion eines bronzezeitlichen Hauses am Ganglegg |
Aussicht zum Brandopferplatz 'Hahnehütterbödele' |
Archäolgischer Park am Ganglegg |
Eine umfassende Darstellung der komplexen Kulturgeschichte des 'Gangleggs' ist im Rahmen eines Posts nicht möglich, weshalb diese Anmerkungen lediglich als Anregung zu verstehen sind. Thematisch Interessierten empfehlen wir, den Besuch dieses archäologischen Parks mit einem Besuch des 'Vintschger Museum' in Schluderns zu verbinden, das die Funde ausstellt und kommentiert.
Rückkehr zum Tartscher Bühel
Luftaufnahme des Tartscher Bühles |
Grundmauern eines rätischen Hauses |
St. Veit auf dem Tartscher Bühel, 11. Jh. |
Vintschger Museum in Schluderns |
Link: Fotoserie des Vintschger Museums in Schluderns
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen