Mittwoch, 21. August 2013

Südtirol 2013 - Wanderung von Sulden zur Payerhütte, 3.029 m, am Ortlergipfel

Ortlergipfel (3.905 m) mit Payerhütte (3.029 m)
Mit seiner Höhe von 3.905 m ist der mächtige Gipfel des Ortlers als höchster Berg östlich der Schweiz bei gutem Wetter im Sommer für zahlreiche Bergsteiger ein attraktives Ziel. Nicht wenige von ihnen haben ihr Abenteuer mit dem Tod gezahlt. Gletscherschwund im Gipfelbereich erhöht die Schwierigkeiten und damit auch die Risiken. Der Normalweg (die einfachste der schwierigen Gipfelrouten), auf dem wir 1988 mit Bergführer bei Traumwetter zum Gipfel aufgestiegen sind (Post der Gipfeltour 1988) führt über den Tabarettagrat, auf dem in 3.029 m Höhe die Payerhütte wie ein Adlerhorst unter dem Gipfel des Ortlers liegt. Bei ähnlichem Wetter, mit tiefblauem Himmel und exzellenter Fernsicht, endet unsere Route heute bei der Payerhütte, die wegen ihrer exponierten Lage zu den großartigsten Hütten des gesamten Alpenraums zählt. Ein Aufenthalt in Südtirol wäre ohne Besuch der Payerhütte für uns unvollständig. Diashow der Fotoserie 


Tabarettahütte (rechts) und Payerhütte (links auf dem Grat)
Wir starten auf einer Höhe von 1.850 m in Sulden vom Parkplatz bei der alten Pfarrkirche (14. Jahrhundert) neben der neuen Pfarrkirche St.Gertraud (19. Jahrhundert). Nach ca. 35 Minuten verlassen wir den schattigen Waldweg und haben jetzt freien Blick auf Tabarettahütte, Payerhütte und Ortlergipfel über der Nordwand. Die Tabarettahütte (Zwischenziel in 2.558 m Höhe auf dem Weg zur Payerhütte) scheint nicht mehr weit zu sein. Tatsächlich müssen wir noch ca. eine halbe Stunde durch Schuttgelände abgelagerter Gletschermoränen gehen und anschließend eine weitere halbe Stunde zur Hütte aufsteigen. Vor etwas mehr als 20 Jahren sind wir noch über die schuttbedeckte Gletscherzunge des Marltferners gegangen. Inzwischen ist der Marltferner so weit geschrumpft, dass er nur noch wie ein Schneefeld ausschaut.



Gedenktafeln am Ortler
Tabarettahütte, 2556 m
Am Übergang zwischen den abgelagerten Gletschermoränen unter der Ortler-Nordwand und der Maritschneid mit der Tabarettahütte erinnern etliche Tafeln an einige Bergsteiger, die in den letzten Jahren am Ortler tödlich verunglückten. Die Gedenktafeln ermahnen gleichzeitig die Überlebenden zur sorgfältigen Risikoabwägung gegenüber den Gefahren einer schweren Bergtour. Wer nur bis zur Tabarettahütte geht, kann jedoch unbesorgt bleiben. Der Weg ist nicht schwierig, kann aber je nach Wetter und Befindlichkeit anstrengend und schweißtreibend sein.




Tabarettahütte über Moränenfeld und Suldental
Nach einer Kette scheinbar endloser Serpentinen erreichen wir die Tabarettahütte auf der Maritschneid (2.556 m) nach 1:45 Stunden Gehzeit. Wir gönnen uns eine kurze Pause (ohne Einkehr), ehe wir den Weg fortsetzen.
Die Tabarettahütte ist mit ihrem großartigen Panorama für die meisten Wanderer ist ein lohnendes Tagesziel. Wer weiter zur Payerhütte aufsteigt, muss auf dem Grat einige luftige Passagen bewältigen, die Erfahrung und Trittsicherheit voraussetzen. Die Gipfeltour stellt noch ganz andere alpinistische Anforderungen an Fähigkeiten wie auch Erfahrungen und wird überwiegend mit Bergführer gegangen.






Route zur Bärenscharte am Tabarettagrat
Bereits der Anstieg auf einem schmalen Saumpfad durch einen rutschigen und steinschlaggefährdeten Schotterhang von der Tabarettahütte zur Bärenscharte am Tabarettagrat bringt heute einige Wanderer an ihre Grenzen. Sie sind so vernünftig, umzukehren. Eine Italienerin in einer vierköpfigen Gruppe kann sich nicht zu dieser Entscheidung durchringen. Sie krabbelt wie ein Hündchen auf allen Vieren den Hang hoch. Wir bezweifeln, dass sie an der Payerhütte ankommen wird, denn ab der Bärenscharte ist die Route deutlich schwieriger.







Gratweg mit Sicherungen, Payerhütte und Ortler
Brücke am Gratweg
Von der Bärenscharte gelangen wir am mehrere hundert Meter steil abfallenden Westhang auf den ausgesetzten, aber zunächst noch wenig schwierigen Gratweg. Etwa auf der Mitte des Weges sind einige heikle Passagen zu bewältigen, die uns im Vorjahr kurz vor dem Ziel zur Umkehr bewogen haben (Post vom 18.07.2012). Inzwischen sind fast alle schwierigen Passagen mit verankerten Seilsicherungen entschärft. Lediglich an einer Stelle vermissen wir eine Sicherung. Mit Vorsicht und den Händen am Fels meistern wir auch diese Passage. Vor uns liegt nur noch ein felsiger, moderat schwieriger Aufstieg zur Hütte.



Tabarettaspitze und Ortlergipfel aus Richtung Payerhütte
Ähnlich euphorisch wie bei einer besonderen Gipfeltour, erreichen wir nach knapp 3 Stunden Gesamtgehzeit die Payerhütte in 3.029 m Höhe. Das klare Wetter und ein wolkenfreier Himmel schenken uns ein nur selten zu erlebendes Panorama mit exzellenter Fernsicht. Der Ortlergipfel liegt wie zum Greifen nah vor uns. Tatsächlich erfodert die mit einigen Schwierigkeiten gespickte Route einen Zeitbedarf von 4-5 Stunden bis zum Gipfel. Seit dem 12.06.2013 ziert den Ortler ein neues Gipfelkreuz, nachdem das alte Gipfelkreuz im vergangenen Jahr unter nicht vollständig geklärten Umständen verschwunden ist (Post: Ortler ohne Gipfelkreuz).






Wanderer im MSV-Trikot
Rast in der Payerhütte
Noch ist es relativ ruhig an der Payerhütte, so dass wir einen Tisch am Fenster besetzen können. Nach und nach kehren glückliche Gipfelbesteiger zur Hütte zurück. Die letzten von ihnen beobachten wir noch auf dem Oberen Ferner des Gipfelplateaus. Auch aus dem Tal rücken immer mehr Wanderer nach. Der Temperatur beträgt zwar nur ca. 5 Grad, aber da es heute windstill ist, nutzen viele von ihnen die sonnigen Außenplätze mit ihrem gewaltigen Panorama. Ein Duisburger Paar, etwa halb so alt wie wir, ist in Trikots des MSV Duisburg aufgestiegen. Über diesen Anknüpfungspunkt kommen wir ins Gespräch.



Obervinschgau, Reschensee, Alpenhauptkamm, Weißkugel 
Das Panorama von der Payerhütte ist heute überwältigend. Es fällt schwer, sich von diesen Bildern zu lösen, die sich in dieser Region nur selten in solcher Klarheit vor uns ausbreiten, weshalb es ungewiss ist, wann oder ob wir noch einmal in diesen Genuss kommen werden.










Technische Daten der Wanderroute

  • Typ: Rundweg (Rückweg auf dem Hinweg)
  • Streckenlänge: 15,2 km
  • Gesamtgehzeit: 6:00 Stunden (jeweils 3 Stunden Hin- und Rückweg, Sulden-Tabarettahütte 1:45, Tabarettahütte-Payerhütte 1:15)
  • Absolute Höhendifferenz: 1.170 m
  • Gesamte Aufstiegs- und Abstiegsleistung: 1.207 m 
  • Technische Anforderungen: moderat-anspruchsvoll mit Saumpfaden in steil abfallenden Schotterhängen und ausgesetzten Passagen am Grat (teilweise mit Drahtseilen gesichert)
  • Konditionelle Anforderungen: moderat-anspruchsvoll
  • Orientierung und Markierung: problemlos
  • Wetter und Temperatur: Sonne mit 5 Grad am Morgen in Sulden und 6 Grad an der Payerhütte, 26 Grad im Vinschgau
  • Einkehrmöglichkeiten: Sulden, Tabarettahütte, Payerhütte
  • Sonstiges: Alternative Aufstiegsrouten von der weiter südlich liegenden Bergstation des Sesselliftes Langenstein (die jedoch nur geringen Zeit- und Höhengewinn verspricht) sowie von Trafoi (3,5 - 4,5 Stunden).

Erlebniswert

Die exponierte Lage der Payerhütte auf dem Tabarettagrat unter dem Ortlergipfel garantiert ein faszinierendes hochalpines Erlebnis. Ab der Tabarettahütte und insbesondere auf dem Tabarettagrat erfordert der ausgesetzte Weg Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. 

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