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Sesselschwaige, 1.940 m |
Nach der anstrengenden Tour am Vortag
(Post der Wanderung vom 7.06.2013) wäre eine regenerative Wanderung angebracht(*). Da für den folgenden Tag (unser letzter Aufenthaltstag in den Westdolomiten) Regen angekündigt ist, ziehen wir die Abschlusstour um einen Tag vor. (Samstag, 10.08.2013, reisen wir in das Mattertal im Wallis.). Während unsere erste Tour in den Westdolomiten auf das Plateau des Schlerns
(Post der Wanderung auf den Schlern vom 28.07.2013) führte, dringen wir heute tief in einsame Regionen des Schlerngebietes vor. Die fehlende Regenerierung spüren wir deutlich, aber das Vergnügen dieser spektakulären Route rechtfertigt alle Anstrengungen und erweitert unsere Sammlung von Highlight-Touren um Erfahrungen, ohne die das Leben ärmer wäre.
Diashow der Fotoserie
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Hammerwand |
Unsere Wanderung startet am beliebten Völser Weiher, der mit dem benachbarten Huber Weiher zu den touristischen Brennpunkten der Region zählt. Auf den Wegen zur weniger als eine Stunde entfernten Tuffalm und Hofer Alpl ist es am Morgen noch ruhig, aber am Nachmittag begegnen uns auf dem Rückweg Familien mit Kind und Kegel in diesem Gebiet. Oberhalb des Almengebiets steigt der Weg im schattigen Wald am Hang des Schlern vorerst überwiegend moderat an. Auf diesem Abschnitt treffen wir nur noch wenige Wanderer. Großes Rucksackgepäck weist einige von ihnen als Tourengeher aus. Nach Südosten blicken wir auf die Hammerwand, von der ein Steig auf unseren Weg führt.
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Rastplatz Peter Frag |
Hinter einer Steilpassage erreichen wir nach 1:40 Stunden Gehzeit am Eingang zur Teufelsschlucht den Rastplatz ‚Peter Frag’, von dem der anspruchsvolle Schäufelsteig auf den Schlern abzweigt. Die Bezeichnung des Platzes ist vermutlich eine sprachliche Verballhornung von ‚petra fracta’ (lat. ‚Felskluft’). Wie auch immer, ‚Peter Frag’ lädt zu einer Pause ein, ehe wir auf 1,5 km Knüppelweg weitere 300 Höhenmeter durch die Teufelsschlucht zur bewirtschafteten Sesselschwaige aufsteigen.
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Knüppelweg |
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Knüppelweg |
Der Knüppelweg macht eine als ‚Teufelsschlucht’ bezeichnete Schlernschlucht auf ca. 1,5 km Länge bereits seit dem Mittelalter begehbar und erschließt eine Schlernmulde für den Viehauftrieb auf Almen im Schlerngebiet. Der äußerst beeindruckende Weg ist extrem massiv (Rinder sind schließlich keine Leichtgewichte) und mit sichtbar hohem Aufwand, aber keineswegs mittelalterlich angelegt. Zwischen den Wänden der Schlucht sind Eisenträger in Betonfundamenten verankert. Auf dieser Konstruktion sind Balken hochkant aufgerichtete verschraubt, um Tritt auf den steilen Passagen zu ermöglichen. An beiden Seiten sind Geländer angebracht, die bei Bedarf Halt bieten. Offensichtlich hat erst kürzlich eine Sanierung des Knüppelweges stattgefunden, denn die gesamte Konstruktion wirkt wie gerade erst fertig gestellt. Der Aufwand muss immens gewesen sein und übersteigt bei weitem den Aufwand für die Einrichtung von Klettersteigen, für die auf das Gewicht weniger Personen ausgelegte Leiter, Drahtseile und Stahlbügel verankert werden.
Die Bezeichnung dieser Schlernschlucht als ‚Teufelsschlucht’ verweist auf Risiken dieser Klamm und lässt ahnen, welche Dramen sich hier abgespielt haben könnten. Im unteren Bereich des Knüppelwegs werden wir auf eine an den Fels gelehnte Holzeiter unter einer Höhle aufmerksam. Aus der Nähe erkennen wir eine kleine Marienkapelle in der Felshöhle. Die Anrufung von himmlischem Beistand verspricht Hilfe.
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Blick von der Sesselschwaige in Richtung Schlern |
Das Vergnügen an der außergewöhnlichen Route des Knüppelwegs endet nach ca. 30 Minuten nahezu abrupt im Almengelände einer Schlernmulde. Mit der Einkehr an der Sesselschwaige erwartet uns jedoch ein neues Vergnügen. Die Kapazität dieser, wie versteckt, wunderschön im Schlern gelegenen Hütte ist eher begrenzt, aber da sich der Andrang auf schwierigeren Routen in Grenzen hält und die Hüttenbesatzung flink agiert, entstehen keine längeren Wartezeiten. Eine Frau mittleren Alters und zwei halbwüchsige Jugendliche, vermutlich ihre Kinder, halten den Betrieb unter perfekter Kontrolle. Die Sesselschwaige serviert den bislang besten Buchenweizenkuchen dieses Sommers und die Spaghetti mit Ragù fallen ebenso überzeugend aus.
Von der Hütte schauen wir über Almböden auf südliche Hänge des Schlernplateaus.
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Anstiegsweg und Bärenfalle unter der Hammerwand |
Nach Süden blicken wir auf die ‚Teufelsschlucht’, von der ein Pfad zum Tschafatschsattel abzweigt und von dort durch die Bärenfalle steil in das Tschamintal abfällt, das wir gestern besucht haben.
(Post der Wanderung vom 7.06.2013) Von diesem schönen Ort in wild-romantischer Umgebung brechen wir nur ungern auf, aber die Aussicht auf den abenteuerlichen Rückweg durch die spannende ‚Teufelsschlucht’ erleichtert den Abschied. Im nächsten Jahr werden wir zurückkehren, versprechen wir uns.
Technische Daten der Wanderroute
- Typ: Rundweg (Rückweg auf dem Hinweg)
- Streckenlänge: 14 km
- Gesamtgehzeit: 4:10 Stunden (2:10 Hinweg, 2:00 Rückweg)
- Absolute Höhendifferenz: 919 m
- Gesamte Aufstiegs- und Abstiegsleistung: 982 m
- Technische Anforderungen: leicht-moderat
- Konditionelle Anforderungen: moderat
- Orientierung und Markierung: problemlos
- Wetter und Temperatur: ca. 23 Grad an der Sesselschwaige, 31 Grad im Tal
- Einkehrmöglichkeiten: Restaurants am Völser Weiher, Tuffalm, Hofer Alpl, Sesselschwaige
- Sonstiges:
Fortsetzung des Weges auf den Schlern (Schlernhaus) oder nach Süden über
den Tschafatschsattel und durch die Bärenfalle in Richtung Weißlahnbad
bzw. Tierser Tal.
Bei Feuchtigkeit ist dieser Weg eher zu meiden.
Wenige und nur leicht ausgesetzte kurze Passagen bereiten keine
Probleme.
(*) Wir bevorzugen einen Rhythmus der wechselnden Abfolge
von schweren und leichten Touren. Die Bewertung von ‚schwer’ und
‚leicht’ ist abhängig von individuellen Erfahrungen und von der
persönlichen Fitness, die sich aus vielen Faktoren zusammensetzt und
ständigen Veränderungen unterliegt. Wir berufen uns daher bezüglich des
Rhythmuswechsels von ‚schwer’ und ‚leicht’ nicht auf objektive Größen,
sondern auf eigene Erfahrungswerte tolerierbarer Ausdauerbelastungen.
Erlebniswert
Der mitunter mühsame, aber insgesamt unschwierige und fast durchgehend
schattige Weg ermöglicht abseits stark frequentierter Routen ein
großartiges Wandererlebnis durch eine Schlucht des Schlerngebietes. Auf
einem versteckt liegenden Almboden erwartet eine gastliche Hütte die
durchziehenden Wanderer. Unsere Abschlusstour in den Westdolomiten
verdient Höchstbewertungen.
What great infrastructure, this can only be found in Europe. Great scenery.
AntwortenLöschenThe picture slide show is fascinating. Aretfacts on the walk very interesting!
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