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Rosengarten mit Tschaminspitzen und Vajolettürmen |
Unser Wanderungprogramm sieht für heute eine Genußwanderung zur Haniger Schwaige im Gebiet der
Rosengartengruppe vor. Der Begriff 'Schwaig' (mhd.
sweige ‚Sennerei‘) steht für:
- milchverarbeitende Alm- und Alpbetriebe, siehe
Schwaighof (Hofform)
-eine während der Sommermonate benutzte Melkalm, siehe
Alm (Bergweide)
In den Westdolomiten bieten viele Schwaigen während der Sommermonate Bewirtungen an und tragen damit zu der außergewöhnlich attraktiven Wander-Infrastruktur bei. Die Haniger Schwaige unter den Vajolettürmen des
Rosengartens zieht mit ihrer spektakulären Lage viele Wanderer an, weshalb wir zeitig aufbrechen.
Rosengarten und Vajolettürmen liegen leider im Schatten des Gegenlichtes, aber gleich mehrere Überrachungen entschädigen für die ungünstigen Lichtverhältnisse.
Diashow der Fotoserie
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Haniger Schwaige, 1.937 m |
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Haniger Schwaige, 1.937 m |
Wir beginnen die Wanderung vom Nigerpass im Tierser Tal auf der Höhe von 1.690 m. Der unschwierige, schattige Weg zieht überwiegend Senioren und Familien mit KIndern an. Wir müssen uns zwar der Seniorengruppe zuordnen lassen, fühlen uns aber auf diesem Weg nur wenig ausgelastet. Aber da wir uns heute schonen und die Wanderung nur genießen wollen, befinden wir uns auf einem guten Weg. Nach 1,5 Stunden gemütlicher Wanderung erreichen wir das Almengelände mit der Haniger Schwaige in der Höhe von 1.937 m. Die vielen Tische, etliche Bedienungen und eine separate Außenbar lassen ahnen, wie hoch der Andrang sein kann. Am Vormittag ist es jedoch noch relativ ruhig und an freien Tischen besteht kein Mangel. Wir haben kaum Platz genommen, als eine vielfach gepiercte und auffällig tätowierte junge Dame aufmerksam und freundlich unsere Bestellung aufnimmt und per mobiler Datenerfassung an die Küche überträgt. 'Alm 4.0' geht uns in Anlehnung an das Schlagwort
'Industrie 4.0' durch den Kopf. In naturnaher, hochalpiner Umgebung können wir auf Industrialisierung gut verzichten und würden uns mit weniger Hightech und geringerer Effizienz der Organisation leichter anfreunden.
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Goaßlschnalzer an der Haniger Schwaige |
Tradition und traditionelle Werte sind jedoch noch nicht verloren gegangen. Wir sitzen noch nicht lange, als sich am Nachbartisch vier überwiegend ältere Männer in traditioneller Kleidung mit blauen Bauernschürzen erheben, um zu einer Wiese zu gehen. In der Hand tragen sie Peitschen mit langen Riemen, die sie nach Aufstellung in einem Carrée vom Peitschenstiel abwickeln. Auf ein Zeichen hin setzt ein als
'Goaßlschnalzen' bezeichnetes rhythmisch-melodisches Peitschenknallen in einer bewundernswerten Kunstfertigkeit ein. Wir sind uns sicher, dass die Fähigkeit und das Zusammenspiel viel Übung, aber auch einige Anstrengungen erfordern. Nach insgesamt drei Durchgängen erhalten die Protagonisten viel Applaus.
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Katholische Messe an der Haniger Schwaige |
Das
'Goaßlschnalzen' war nur der Auftakt für das nachfolgende Programm. In unserem Rücken hören wir eine Ansprache in einem uns bekannten Tonfall. Ein Priester liest eine Messe gemäß Regeln katholischer Lithurgie. Allerdings interessiert sich nur ein kleinere Anteil der Besucher für die Messe und schart sich um den Priester. Die meisten Almbesucher verweilen essend, trinkend, rauchend und schwätzend an ihren Tischen. Die Chefin der Alm, eine recht schrille Blondine, vermutlich die Mutter unserer gepiercten und tätowierten Bedienung, ist eine der eifrigsten Messeteilnehmer. Zwischen Gesang und Gebet nimmt sie aber auch Bestellungen und kassiert Rechnungen. Eine scharfe Trennung zwischen heiligen Vorgängen und profanen Aktivitäten, die erst mit fortschreitender Instutiutionalisierung von Religion durch Kirchen entstanden ist, scheint hier wieder aufgehoben zu sein.
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Vajolettürme und König Laurinwand |
Mit der Messe ist das Programm nicht beendet. Ein Gruppe Musiker packt ihre Instrumente aus und beginnt Vorbereitungen zum Musizieren. Für uns ist das ein Zeichen zum Aufbruch. Diese folkloristischen Darbietungen bereiten uns kein Vergnügen.
Auf dem Rückweg sind die Lichtverhältnisse etwas günstiger. Wir erkennen Details der mächtigen König Laurinwand und schauen unter der Tschagatwand auf die Kölner Hütte, an der wir vor einigen Tagen standen.
(Post vom 30.07.2013).
Technische Daten der Wanderroute
- Typ: Rundweg (Rückweg auf dem Hinweg)
- Streckenlänge: 8,5 km
- Gesamtgehzeit: 2:45 Stunden
- Absolute Höhendifferenz: 330 m
- Gesamte Aufstiegsleistung: 503 m
- Gesamte Abstiegsleistung: 476 m
- Technische Anforderungen: leicht
- Konditionelle Anforderungen: leicht
- Orientierung und Markierung: problemlos
- Wetter und Temperatur: Sonne, ca. 23 Grad auf der Alm, 31 Grad im Tal
- Einkehrmöglichkeiten: Niger Pass, Baumann Schwaige, Hanig Schwaige
- Sonstiges: Ein Video zum Goaßlschnalzen wird demnächst eingebunden, wenn eine schnellere Internetverbindung verfügbar ist.
Erlebniswert
Auf der leichten Wanderung zur Haniger Schwaige kommen Wanderer den beindruckenden Vajolettürmen nahe. Die gastliche Alm rechtfertigt mit ihrer großartigen Lage unbedingt einen Besuch. Das sonntägliche Almenprogramm, von dem wir vorab keine Kenntnis hatten, war eine interassante Zugabe.
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