Dienstag, 23. August 2011

Südtirol 2011 - Kulturtour im Vinschgau mit Marmorführung und Weinverkostung

Abtei Marienberg bei Burgeis
Unsere Kulturtour im oberen Vinschgau starten wir in dem urigen Dorf Burgeis unterhalb der mächtigen Benediktinerabtei Marienberg. Unsere Zeit ist jedoch beschränkt. Um 13:30 Uhr beginnt eine Marmorführung in Laas, an der wir teilnehmen möchten.
Am frühen Abend findet unsere Kulturtour eine Fortsetzung auf dem Marinushof, in dem wir eine von zwei Ferienwohnung bewohnen. Heiner Pohl, ein äußerst engagierter junger Landwirt moderner Prägung, lädt uns und die Familie der Nachbarwohnung zu einer Verkostung seiner Weine und Brände ein.








Burgeis gilt zu Recht als eines der schönsten Dörfer im Vinschgau, befinden auch wir auf unserem Rundgang, den wir bei der Pfarrkirche Maria Empfängnis beginnen, die vor allem wegen ihrer barocken "Prati-Orgel" auch überregional bekannt ist. Der Ursprung des Dorfes wird auf eine römische Befestigungsanlage zurückgeführt, die dem Schutz der ehemals hier durchführenden Römerstraße "Via Claudia Augusta" diente.











Steinfosten am Eingang zur Kirche
Dorfplatz
An den steinernen Pfosten der Pforte sind rätselhafte Wesen modelliert. Die Gestalt ist menschlich, aber die Hände der Gestalt zeigen 6 wie organische Blätter geformte Finger. Der blanke Marmor im Mittelteil des Körpers verrät, dass Besucher offenbar regelmäßig den Stein befassen. Welcher Kult oder Glaube sich mit diesem Phänomen verbindet, bleibt für uns ein Geheimnis.

Ein besonderes Schmückstück des Dorfes ist der von restaurierten alten Gebäuden umrahmte zentrale Dorfplatz mit dem St. Michaels-Brunnen.






Auf dem Weg zum Kloster bietet sich ein grandioser Ausblick auf Burgeis mit dem oberen Vinschgau.









 




Wie üblich, befindet sich auf dem Kirchhof der Friedhof des Ortes, der so manche Geschichte über die Vergangenheit dieser Umgebung preisgibt.














Klosteranlage und Klosterkirche sind frei zugänglich. Innerhalb des Klosters befindet sich ein Museum, das gegen Gebühr besucht werden kann. Die wegen ihrer alten Fresken kunsthistorisch bedeutende Krypta ist jedoch für Besucher nicht zugänglich.












Am Ausgang des Ortes haben wir noch einmal einen schönen Blick auf die Abtei und die darunter liegende Burg der Fürstbischöfe von Chur aus dem 13. Jahrhundert.















Marmorführung in Laas

Um 13:30 Uhr wollen wir uns in Laas zu einer Marmorführung einfinden. Die bereits fortgeschrittene Zeit verhindert einen Aufenthalt in der sehenswerten Ortschaft Glurns, die wir lediglich mit dem Auto durchfahren. Unter Zeitdruck schaffen wir vor der Führung noch so gerade einen schnellen Mittagsimbiss einzunehmen.











Ein interessanter Vortrag im Gemeindehaus bringt uns Geschichte und Gegenwart des Marmorabbaus in Laas näher. Anschließend lenkt unser Referent die Besuchergruppe zu Standorten der Außenbesichtigung. Wir starten bei der Laaser Pfarrkirche zum "Heiligen Johannes der Täufer", deren Ursprünge auf das 12. Jahrhundert zurückgehen.































Bei Restaurierungsarbeiten wurde 1973 eine über Jahrhunderte überbaute romanische Apsis freigelegt, die heute zu den besonderen Sehenswürdigkeiten des Vinschgaus zählt. Die mittelalterlichen Bestarien an den Friesen bieten vermeintlichen Schutz vor bösen Geistern.







Die Grabsteine des Friedhofs bei der Kirche bestehen nahezu ausschließlich aus weißem Laaser Marmor.














In der Nachbarschaft des Marmorwerks befindet sich der letzte Marmor verarbeitende Betrieb, den wir bei unserem Rundgang besichtigen.















In dem Marmorwerk sind Betriebsferien, so dass wir lediglich das Gelände besichtigen können, aber keinen Eindruck von der Bearbeitung erhalten. Die auf dem Gelände lagernden Blöcke stammen aus dem Weißwasserbruch, wo der Marmor auf der westlichen Seite der Jennwände unterirdisch abgebaut wird. Der Transport der bis zu 80 t schweren Blöcke aus bis zu 2.000 m Höhe in das Werk ist sehr aufwendig und erfolgt mittels Seilbahn, Schrägaufzug und Eisenbahn.









Der Laaser Marmor gilt in der Qualität "Bianco Perla" als der weltweit reinste Marmor und erzielt dementsprechend hohe Preise. Der Laaser Marmor wird nicht nur zu Platten oder Grabsteinen verarbeitet, sondern genießt auch Wertschätzung bei Bildhauern. Objekte aus Laaser Marmor sind in der ganzen Welt zu finden.












Verkostung am Marinushof
Die beeindruckende Qualität der Produkte bestätigt auch der "Gambero Rosso", die alljährlich erscheinende Bibel der "Vini d'Italia", in der die Weine des Marinushofs durchweg als Spitzenprodukte mit 2 von max. 3 Bicchieri (ital. für "Gläser") bewertet sind. Der Zweigelt hat sogar die Höchstbewertung von 3 Gläsern erhalten. Mit seiner kleinen Produktion von 8.000 - 9.000 Flaschen pro Jahr unterhält der Marinushof keinen eigenen Kellereibetrieb. Ausgebaut werden die Weine auf dem Popphoff, Marling. Heiner Pohl möchte gerne vergrößern und befindet sich auf der Suche nach geeigneten, bezahlbaren Weinbergen. Ein Kellerbetrieb könnte dann auch entstehen.Link zur Webseite des Marinushofs 

Unsere Verkostungsnotizen:
  • Mit dem "Venoster" 2010 bringt der Marinushof eine neue Cuvée heraus, die aus 85 % Riesling und 15 % Weißburgunder besteht. Die noch sehr jungen Rieslingreben erfüllen für sich allein noch nicht alle Qualitätsanforderungen, um gegen die etablierten Rieslinge des Vinschgaus bestehen zu können. Die Cuvée bringt einen angenehm aromatischen, sehr frischen und völlig durchgegorenen Wein, der insbesondere Freunde säurebetonter Weine anspricht.
  • Der "Pinot Grigio" 2010 stammt aus der kleinen, steilen Einzellage "Pfaffenegg" oberhalb von Kastelbell und überzeugt restlos mit seiner kraftvollen, komplexen, gelben Aromatik in Richtung Birne. Seine 14,4 % Alkohol sind schon eine Ansage, die jedoch den Wein nicht breit macht.
  • Der "Pinot Noir Rosé" 2010 ist ein großartiger, duftender Sommerwein, der sich als Begleiter zu fast jedem Essen eignet. Der Wein wirkt durchaus leicht, obwohl er kein Leichtgewicht ist. 14,9 % Alkohol sind eher ein wenig erschreckend, was jedoch lediglich mental und nicht geschmacklich gilt.
  • Die rote Fraktion startet mit dem "Zweigelt" 2010, der 4 Monaten Barrique-Lagerung und 13,5 % Alkohol ausweist. Der Zweigelt begeistert nicht nur uns mit seiner Frucht in Richtung Kirschen und seinen Gewürznoten in Richtung Nelke, er ist nämlich leider bereits ausverkauft. Ein paar Restflaschen hält Heiner natürlich noch zurück, um uns und andere Gäste zu beglücken. Für uns handelt es sich um einen der besten Zweigelt, die wir je getrunken haben!
  • Der "Blauburgunder" 2008 ist so etwas wie das "Flagship" des Marinushofs. Nach 12 Monaten Barrique-Lagerung überzeugt der Wein mit Schmelz und einer Stimmigkeit, die ihn für besondere Anlässe prädestiniert.
  • Weshalb die Weinbezeichnung zwischen "Blauburgunder" und "Pinot Noir" wechselt, obwohl es sich um Weine der gleichen Rebsorte handelt, nämlich "Spätburgunder", können wir heute nicht aufklären. Diese Frage werden wir im nächsten Jahr noch einmal aufgreifen.
  • Der "Pinot Noir" 2009 ist ebenfalls 12 Monate im Barrique gereift und wirkt mit seinen Tanninnoten erdig und noch etwas verschlossen. 
  • Zum Abschluss präsentiert Heiner mir dem "Tirolensis Ars Vini" 2009 eine rote Cuvée, die sich aus 5 Weinsorten zusammensetzt (Lagrein, Cabernet, Merlot, Zweigelt, Blauburgunder). Zugeliefert werden die Weine von 9 kooperierenden südtiroler Qualitätsweingütern, die unter der Bezeichnung  "Tirolensis" gemeinsam im Markt auftreten. Vom Marinushof stammt der Zweigelt. Das Ergebnis ist ein eindrucksvoller, harmonisch-dichter Wein, der Aromen dunkler Beeren mit Gewürznoten ("pfeffrig") verbindet und in seiner Art an Weine der neuen Welt erinnert (Kalifornien). Auch der Flaschenpreis von 30 € macht deutlich, dass es sich um einen Wein für hohe Ansprüche handelt. Das Ergebnis wird dem Preis vollständig gerecht, was nicht immer selbstverständlich ist.
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Nach der Verkostung von 7 Weinen möchte Heiner verständlicherweise auch seine Brände vorstellen, auf die er zu Recht sehr stolz ist, weil sie zu den Spitzenprodukten Südtirols zählen. Die richtige Begeisterung fehlt uns zwar ein wenig, aber diese Gelegenheit wollen wir uns auch nicht entgehen lassen. Im Ergebnis können wir feststellen, dass die Brände des Marinushofs mindestens auf dem gleichen hohen Qualitätniveau angesiedelt sind wie seine Weine!
  • Wir beginnen mit 2 Trestern, die vom Zweigelt und vom Pinot Noir gebrannt sind. Beide Trester sind hervorragend, aber der "Grappa Pinot Noir" liegt letztlich für uns ein wenig vor dem "Grappa Zweigelt".
  • In der nächsten Runde kosten wir die Obstbrände. Der Apfelbrand ist von einer fast unglaublichen aromatischen Intensität, die jeden Freund von Apfelaromen begeistern muss. Der Obstler (Apfel und Birne) ist in seiner Harmonie absolut überzeugend und weckt Erinnerungen an die Produkte von Bruder Cornelius, die im Kloster von Benediktbeuern nur Insidern zugänglich waren, weil die kleinen Mengen gar nicht erst in den öffentlichen Verkauf gelangt sind. Der Brand von der Wiliams-Birne ist geradezu berauschend und den in Südtirol anzutreffenden Massenprodukten weit überlegen.
  • Abschließend widmen wir uns noch den Bränden vom Steinobst, die Heiner von der Pflaume und der Marille herstellt. Wer den Marzipangeschmack prinzipiell nicht mag, zu dieser Spezies gehören auch wir, wird für diese Brände nicht die Begeisterung entwickeln können, die die Qualität dieser Produkte verdient. Jenseits der Marzipannoten betören die Fruchtaromen im Glas, auf der Zunge und im Finish.
So ganz am Ende sind wir nach der Verkostung von 7 Weinen und 7 Bränden noch nicht. Zum Abschluss zeigt uns Heiner noch seine Destilliereinrichtung und geht auf unsere Fragen zum Brennvorgang ein. Für diese äußerst interessante und instruktive Veranstaltung bedanken wir uns herzlich bei Heiner Pohl. In der nächsten Woche will Heiner eine Fortsetzung anbieten, an der dann auch unsere Freunde teilnehmen können und wollen. Dass wir einige dieser Produkte auch mit nach Hause nehmen werden, wissen wir bereits jetzt. Link zum Post der Weinverkostung am 31.08.2011

2 Kommentare:

  1. Meine Frau wünschte sich einen Grabstein aus weisem Marmor.
    Wie ist die Firmenanschrift des von Ihnen besuchten "letzten marmorverarbeitenden Betriebes"?
    Mit freundlichem Gruß.
    Edel

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