Vom Tinneplatz, Hauptplatz der Klausener Altstadt in 525 m Höhe, gelangen Besucher nur zu Fuß via alternativer Wege-Optionen auf den 673 m hohen Säbener Berg. Am direktesten führt der steile Kreuzweg in ca. 30 Minuten zum Kloster. Bei der Burg Branzoll zweigt der etwas gemächlicher ansteigende, schattige Promenadenweg ab, auf dem in ca. 45 Minuten das Kloster erreicht wird. In Anbetracht von 33 Grad im Schatten auf der Höhe von Klausen bei gnadenloser Sonne bevorzugen wir den längeren, schattigen Aufstieg und nutzen den Kreuzweg für den Abstieg.
Die Architektur des barocken und trotzdem schlichten Klosters oder dessen 3 Kirchen ist weit weniger beeindruckend als 2 moderne Brunnen-Bronzereliefs. Den Brunnen vor der Klosterkirche ziert eine anlässlich des 300-jährigen Klosterjubiläums beim Südtiroler Künstler Martin Rainer (1923-2012) in Auftrag gegebene Figurengruppe.(1) Ein weiteres Bronzerelief des Bozener Künstlers Werner Kofler im Hof vor der Liebfrauenkirche zeigt eine Darstellung der legendären heiliggesprochenen Säbener Bischöfe Ingenuin, Albuin und Cassian.
Die eigentliche Sehenswürdigkeit auf dem Säbener Berg ist jedoch der seit dem Neolithikum von frühen Ackerbaukulturen, Kelten, Römern, Romanen und Germanen besiedelte 'heilige Berg' selbst. Aus einer spätrömischen Siedlung auf dem Berg entwickelte sich im 5. Jahrhundert ein frühchristliches Zentrum, von dem sich die Christianisierung in Tirol ausbreitete. Ab dem 6. Jahrhundert war Säben Bischofssitz, bis dieser 960 nach Brixen verlegt wurde. Die Ruine der ehemaligen Bischofsburg diente als Baumaterial für die Errichtung des Klosters im 17. Jahrhundert.
Von 1978 bis 1982 wurden im Weinberg unterhalb der Klostermauern archäologische Grabungen vorgenommen, bei denen zahlreiche Mauergrundrisse, eine frühe Kirche, Gräberfelder, Grabbeigaben und weitere kulturelle Artefakte entdeckt wurden. Die wissenschaftliche Leitung der Grabungen lag in Händen des Prähistorikers Volker Bierbrauer. Verantwortlicher Grabungsleiter vor Ort war der Südtiroler Archäologe Hans Nothdurfter. In den Sommermonaten steht Hans Nothdurfter noch immer jeweils mittwochs ab 15:00 Uhr vor Ort für Auskünfte zur Verfügung. Die Aussicht auf Expertenauskünfte aus erster Hand motiviert uns zusätzlich zu diesem Ausflug, aber bei unserer Ankunft ist Hans Nothdurfter bereits von 2 geschwätzigen, wichtigtuerischen Paaren in Beschlag genommen. Zu sehen ist ohnehin nur wenig, weil Grabungsplätze am Säbener Berg wegen juristischer Streitigkeiten wieder zugeschüttet werden mussten. Nach einem Rundgang im Klostergelände informiert in der Liebfrauenkirche ein schmaler Dokumentations-Extrakt über archäologische Grabungen am Säbener Berg. Tiefere Einblicke bieten die unter Anmerkungen 2-5 aufgeführten Veröffentlichungen.
Anmerkungen
- Der Kulturgüterverein Klausen beschreibt das Relief: Der Jubiläumsbrunnen Säben
- Grabungsbericht von Volker Bierbrauer und Hans Nothdurfter 1988 in 'Der Schlern - Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde', 62. Jahrgang - Mai/juni 1988 - Heft 5/6: Die Ausgrabungen im spätantik-frühmittelalterlichen Bischofssitz Sabiona-Säben (PDF)
- Eine Webseite der Ludwig-Maximilians-Unversität München beschreibt ein Kurzprofil der Grabungsaktivitäten unter Volker Bierbauer: Prof. Dr. Volker Bierbrauer: Säben
- Eine umfassende Publikation haben Volker Bierbrauer und Hans Nothdurfter gemeinsam in den Münchner Beiträgen zur Vor- und Frühgeschichte 3 Bänden herausgegeben: Die Ausgrabungen im spätantik-frühmittelalterlichen Bischofssitz Sabiona-Säben in Südtirol I: frühchristliche Kirche und Gräberfeld (Vol. 1-3) Bratož, Rajko [Bearb.]. Bierbrauer, Volker • Nothdurfter, Hans [Hrsg.]. - München (2015)
- Marcus Zagermann betreute die Publikation seit 2008 redaktionell. Ein lesenswerter Artikel von ihm in der Zeitschrift der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 2016, Heft 4 - Ausgabe Nr. 59, gibt einen Überblick über die Grabungsarbeiten sowie über den Weg bis zu ihrer Publikation: Archäologie auf dem heiligen Berg Südtirols (PDF)
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