Dienstag, 28. Februar 2012

Geburtstagswanderung von Strande nach Kiel

Am Geburtstag im Vapiano von Kiel
Aus unverständlichen Gründen zeigt sich an Bellas Geburtstag kein Sonnenschein, obwohl sie ihn mehr als verdient hätte. Wir lassen uns das Singen nicht verbieten und wollen zur Feier des Tages nach unserer morgendlichen Laufrunde auf dem europäischen Fernwanderweg F1 / F6 von Strande nach Kiel wandern. Für diese Strecke von 14 - 15 km rechnen wir mit 3 Stunden Gehzeit. Als Ziel unserer Wanderung bestimmen wir das Vapiano an der Kieler Förde, in dem wir nach der Wanderung speisen wollen, ehe wir mit dem Bus zurück nach Strande fahren.
Es bleibt immerhin trocken, so dass wir planmäßig und frohen Mutes am Mittag aufbrechen. Unsere Planung erweist sich jedoch schon bald als überholt.





Motiv in Schilksee Dorf
Nach den ersten beiden Kilometern in vertrautem Gelände queren wir die Fördestraße und gehen in Richtung Schilksee Dorf, in das wir zur Zeit des beruflich bedingten Nebenwohnsitzes im Olympiazentrum in fast 5 Jahren nie gekommen sind. Das Dorf besteht nachweislich bereits seit dem 13. Jahrundert. Aktuell scheint man sich bereits intensiv auf Ostern einzustimmen.
Im Dorf stellen sich erste Orientierungsprobleme ein. Lt. Karte müssen wir im Dorf abzweigen, finden jedoch keine Markierungen, die uns die Richtung weisen. Mit tastenden Versuche in unterschiedlichen Richtungen finden wir keine vertrauenserweckende Route. Wir bleiben vorerst in Sichtweite der Fördestraße und hoffen, bei Seekamp auf den Wanderweg zu stoßen. Unsere Karte erlaubt jedenfalls diese Interpretation. Mit dem Maßstab 1 : 50.000 ist unsere Karte jedoch für eine genauere Orientierung nicht ausreichend.


Sumpfgelände bei Schilksee
Auf unserem Weg passieren wir ein sumpfiges Brachengelände, in dem sich viele Vögel aufhalten. Diese naturnahe Landschaft empfinden wir als spannend, eine Hilfe für unsere Orientierung ist sie jedoch nicht. Immerhin erkennen wir jetzt das Herrenhaus von 'Gut Seekamp', auf dessen Gelände sich ein Skulpturenpark des Kieler Bildhauers Hans Kock (1920-2007) befindet. Der bedeutende schleswig-holsteinische Maler Hans Olde (1855-1917) entwickelte im 19. Jahrhundert Seekamp vom Gutshof zum Musenhof. Detlev von Liliencron, Lovis Corinth und Johannes Brahms waren regelmäßige Gäste auf Seekamp. Die historischen kulturellen Spuren müssen wir bei anderer Gelegenheit noch einmal aufgreifen. Heute wollen erst einmal die Wegstrecke bewältigen. Wie gehofft, treffen wir tatsächlich hinter Seekamp auf Markierungen unseres Fernwanderweges. Unser Glück währt jedoch nicht lange. An einer Wegkreuzung fehlen an einem Stamm die Wegetafeln. Wir entscheiden uns für die Richtung, die uns am plausibelsten erscheint. Nach einiger Zeit stoßen wir auf die Häuser von 'Drei Linden', was bedeutet, dass wir falsch laufen.

Laut Karte müssen wir in unserer Gehrichtung auf die Schnellstraße B503 stoßen. Diese bietet immerhin eine verlässliche Orientierung, sofern an dieser Autostraße eine Verkehrsinfrastruktur für Füßgänger oder Radfahrer besteht. Als wir die B503 erreichen, stellen wir erleichtert fest, dass es neben der Straße einen asphaltierten Radweg gibt. Das ist zwar nicht mehr der naturnahe Wanderweg, den wir gehen wollten, aber in Anbetracht der Schwierigkeiten nutzen wir auch gerne den Radweg. Wir haben uns zu früh gefreut. An der Gemeindegrenze zwischen Rendsburg-Eckernförde endet unser Weg an einem Schlagbaum, nachdem wir etwa die halbe Wegstrecke zurückgelegt haben. Umkehren wollen wir nicht und gehen über matschige Felder parallel zur B503. Schon bauen sich neue Hürden vor uns auf. Die Felder gehen in ein wegloses sumpfige Gelände über. Vorsichtig tapsen wir auf etwas höher stehenden Grassoden zwischen Wasserlöchern weiter, überqueren einen sumpfigen Graben und stehen vor einer dichten Hecke, hinter der ein höherer Zaun mit einer Stacheldrahtkrone kein Durchkommen erlaubt. Als bewährte Fährtenleser erkennen wir Trittspuren, denen wir folgen. Die Spuren leiten uns zu einem Durchgang in der Hecke, hinter dem der Zaun niedergetreten ist. Wir sind erst einmal gerettet.

Kieler Yacht Club
Eine Unterführung erlaubt das Queren der B503. Wir gelangen zum Ortsteil Altenholz Stift, in dem wir uns nicht auskennen. Die Orientierung wird jedoch einfacher. Vor uns liegt aber noch der Nord-Ostsee-Kanal, den wir nur an einer Stelle überqueren können. Diese Schlüsselstelle verbirgt sich nicht. Über eine Treppe gelangen wir auf die Hochbrücke, die über den Kanal führt. Auf weitere Experimente legen wir keinen Wert. Mit dem Marinegelände umgehen wir unser letztes Hindernis und gelangen an das Fördeufer. Wir sind inzwischen seit mehr als 3,5 Stunden ohne Pause unterwegs, und ein Weg von etwa 5 km liegt noch vor uns.
Am Hindenburgufer passieren wir den ebenso traditionsreichen wie vornehmen Kieler (ehemals 'Kaiserlichen') Yacht Club, der nach umfangreicher Renovierung in neuem Glanz strahlt. Zur Seglerolympiade 1972 residierten hier der spanische König Juan Carlos, der ehemalige griechische König Konstantin und Carl Gustav, König von Schweden. Vermutlich wohnt man hier angenehm. Der Küche ist es jedoch bisher noch nicht gelungen, positiv auf sich aufmerksam zu machen.

Nach Ankunft im Vapiano
Am Vapiano in Kiel
Ca. 4,5 Stunden waren wir bis zum  Vapiano ohne Pause unterwegs. Jetzt folgt die Belohnung. Zum Auftakt hätten wir gerne ein Glas Cava getrunken, nach dem ich an der Bar frage. "Cava?", fragen die Mädels an der Bar zurück, "Sie meinen Sekt"? Klar, es geht um spanischen Sekt, aber der kommt aus Sicht Schleswig-Holsteins aus einer anderen Welt. Heute ist nicht unser Tag. Cava gibt es nicht, zumindest nicht hier und jetzt. Vielleicht kennen die ansonsten sehr freundlichen und hübschen Mädels an der Bar lediglich nicht die Flasche. Wie auch immer, wir stoßen mit Prosecco an, der auch hier angeboten wird. 'Happy Birthday to you'!
Überraschend treffen wir auf das temporäre Angebot eines Sauvignon Blanc des renommierten Weingutes Buitenverwachting. Glücklicherweise steht eine Flasche des Weins als Blickflang auf dem Tresen, so dass ich auf die Flasche zeigen kann, um sicherzustellen, dass das gewünschte Getränk in der Kühlung gefunden wird. Das Weingut in den Weinbergen von Constantia bei Kapstadt haben wir nicht nur wegen seiner exzellenten Weine in allerbester Erinnerung, sondern auch aufgrund mehrerer Besuche seines hervorragenden Restaurants in einer traumhaften Umgebung. Wir sind wieder versöhnt. Die Küche des Vapiano liegt natürlich nicht nur räumlich, sondern auch qualitativ weit vom Restaurant Buitenverwachting entfernt, aber Einrichtung, Atmosphäre und Lage gefallen uns auch im Vapiano. Unsere Gedanken schweifen auf die südliche Seite unserer Welt. Erinnerungen an unsere Reisen in Südafrika werden lebendig. Wir schmecken Südafrika im Glas und manchmal glauben wir, auch ein wenig Südafrika auf der Gabel durchzuschmecken.

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