Eine mehrtägige beschauliche Wasserwanderung per Hausboot auf Platenenalleen des Canal du Midi zählte vor mehr als 40 Jahren zu unseren Sehnsuchtzielen. Die Tour über 240 km zwischen Toulouse und Sète haben wir nicht realisiert. Uns fehlte das nötige Kleingeld. Jetzt könnten wir uns diese Tour erlauben, aber die meisten von damals noch ca. 42.000 Platanen sind wegen Pilzbefall gefällt worden. Der verbleibende Rest folgt. Bis neu angepflanzte Bäume das bekannte Bild wiederherstellen, wird mehr Zeit vergehen als uns zur Verfügung steht. Wir haben ohnehin das Interesse verloren, weil wir inzwischen wissen, dass uns (a) das Camper-Gen fehlt und wir uns (b) nicht nur bewegen lassen wollen, sondern eigene Bewegung bevorzugen. Trotzdem freuen wir uns auf die Wanderung entlang des Canal du Midi auf historischen Treidelpfaden. Da Schatten spendende Baumalleen überwiegend ausfallen, ist die heute bewölkte Wetterlage für uns günstig, für gute Fotos jedoch ungünstig. Als Wanderstrecke wählen wir einen ca. 20 km langen Abschnitt zwischen Béziers und Capestang. - Fotoserie


Béziers haben wir vor einigen Tagen besichtigt (Post vom 21.05.2018) und schlagen darum vom Bahnhof sogleich den Weg zum Canal du Midi ein. Am Quai du Port Neuf herrscht reges Treiben. Etliche Wasserwanderer parken am Quai. Andere Wasserwanderer übernehmen hier ein Boot oder geben es zurück.

Fußgänger bewegen sich auf französischen Straßen außerhalb von Ortschaften mit erhöhtem Risiko. Als die Kanalbrücke wegen der unsicheren Wasserführung des Orb im 19. Jahrhundert gebaut wurde, war das noch anders. Auf beiden Seiten der Kanalbrücke sind Gehwege vorgesehen.

Für i.d.R. mehr oder weniger unbedarfte Bootsführer ist die bergwärts ca. 45 und talwärts ca. 30 Minuten dauernde Durchfahrt eine spannende und oft auch stressige Passage, zumal die unter Denkmalschutz stehende Anlage viele gaffende Besucher anzieht. Aufgrund des Besucherstroms ist die Infrastruktur mit Informationstafeln, Kiosken, Restaurants, Sitzbänken, Parkplätzen, Toiletten ausgebaut.

Nach 2-stündiger Wanderung nutzen wir einen heruntergekommen Rastplatz bei Colombiers für eine kurze Pause. Länger wäre es hier nur schwer auszuhalten.

Für Fußgänger ist der Tunnel trotz eines schmalen Stegs gesperrt. Wir müssen den Tunnel umgehen. Wie mehrfach zuvor haben wir auch hier den Eindruck, dass Wanderer als vernachlässigbare Ausnahmen von relevanten Zielgruppen der Tourismusindustrie gelten. Fragen nach 'Hiking-Maps' provozieren in Tourismus-Informationen regelmäßig hilflose Rückfragen. Bemühte Mitarbeiter geben Tipps zu Anlaufstellen, an denen wir vielleicht auf Erfolg hoffen dürfen. In Beschreibungen ausgewiesene Wanderwege sind mitunter so schlecht markiert und gepflegt, dass sie ortsunkundigen Wanderern hellseherische Fähigkeiten abverlangen. Am Canal du Midi stellt sich dieses Problem prinzipiell nicht, aber Hilfe bietende Wegweiser sind im unübersichtlichen Gelände am Tunnel von Malpas nicht vorgesehen
Inzwischen ist die Wolkendecker dünner bei steigender Temperatur. In Poilhes (okzitanisch: Pòlhas) gönnen wir uns noch einmal eine kurze Pause vor dem Schlussabschnitt. Die Landschaft am Canal du Midi ist jetzt eintöniger. Assoziationen an Emscher und Lippe am Niederrhein verdrängen mediterranes Flair.

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