Montag, 7. September 2015

Wanderung auf dem Planetenweg-Steinegg im Sternendorf Gummer

Tafel am Parkplatz Schenk
Auf dem Rückweg von unserer kurzen Gipfeltour auf das Weißhorn (Post vom 7.09.2015) nach Seis am Schlern stoppen wir auf halbem Weg bei Obergummer (eine Streusiedlung der Gemeinde Karneid), um eine Wanderung auf dem Planetenweg-Steinegg (auch als 'Sternenweg' bezeichnet) zu unternehmen. Um Touristen für das Gebiet der Gemeinde Karneid zu interessieren, haben sich mehrere Dörfer zum "ersten Sternendorf Europas" zusammengeschlossen. Planetarium, Sternwarte, Sonnenobservatorium und ein Planeten-Wanderweg bieten ein ganzjähriges Angebot mit Alleinstellungsmerkmalen im Raum Südtirol. (Ob die grammatische Eigenwilligkeit der Begriffe 'Sternendorf' und 'Sternenweg' den Alleinstellungsanspruch des Konzeptes bewusst unterstreichen soll oder auf unbewusster Sprachakrobatik beruht, bleibt offen.) Das sympathische Konzept und ein ansprechendes Webportal Sternendorf machen uns neugierig. Wir möchten den Planetenweg wandern, finden aber außer Schlagwörten keine Detailinformationen im Webportal. Wer Details zur Sternwarte oder zum Planetarium erfahren möchte, wird auf verlinkte Webseiten weitergeleitet. Der Planetenweg ist jedoch ein Stiefkind des Programms, das auf einen eigenen Web-Auftritt verzichten muss, obwohl 3 am Weg liegende Gästebetriebe Wanderer zur Einkehr einladen. Auf Umwegen erreichen wir von der Webseite des Planetariums eine dort verlinkte Webseite eines kommerziellen Portals. Wer die Seite aufruft, muss Werbung akzeptieren und kann einige Informationen nur als registrierter Nutzer abrufen. Nach unglücklichem Auftakt erkunden wir weitere Details vor Ort. Diashow der Fotoserie


Sternwarte und Sonnenobservatorium in Obergummer
Die Webseite des Planetariums verspricht "auf dem Planetenweg eine symbolische Reise durch unser Sonnensystem". Weiter heißt es: "Auf den entlang des Weges angebrachten Stelen, deren Abstände im Maßstab 1:1 Milliarde den tatsächlichen Entfernungen entsprechen, erfahren Sie Interessantes über die Erde und die Planeten unseres Sonnensystems." Über 'symbolische Reisen' lässt sich vielleicht noch diskutieren, aber Abstände von Stelen, die maßstabsgerechte Abstände von Planeten unseres Sonnensystems nachbilden, haben keinen Anschauungswert. Unsere Wahrnehmung vermag lediglich Größenordnungen von Mengen, Distanzen, Massen, Geschwindigkeiten etc. zu veranschaulichen, die das evolutionäre Programm als relevante Dimensionen menschlicher Lebensräume genetisch codiert hat. Kosmische und atomare Dimensionen liegen außerhalb menschlicher Anschauungsräume und lassen sich nur abstrakt mit mathematischen Methoden beschreiben. Modelle mit maßstabsgerechter Vergrößerung oder Verkleinerung zeigen zwar Relationen, aber auch diese sind lediglich mathematische Faktoren ohne Anschauungswert, weil die Übersetzung kein Bild zeigt, sondern eine Zahl. Immerhin erfahren wir, dass auf dem Wanderweg Planeten-Stationen eingerichtet sind. Länge (9,1 km) und Höhenunterschied (200 m) verrät erst die verlinkte kommerzielle Seite des Planetenwegs. An welchen Punkten des Weges die Stationen eingerichtet sind und welche absoluten Distanzen in Metern zwischen den Stationen zurückzulegen sind, müssen wir selbst herausfinden.


Planetenweg zum Pluto, Rosengarten im Hintergrund
Der  Planetenweg quert die Landstraße 132 beim Parkplatz Schenk, so dass sich anbietet, von dort zu starten. Der gut ausgeschilderte Weg ist nicht zu verfehlen. Zusätzliche Planetenwegweiser verweisen auf die nächste zu erreichende Planetenstation, aktuell Pluto, ohne zu offenbaren, wo sie liegt und wie weit bis zu ihr zu gehen ist.
Der spontane Eindruck vermittelt, auf einem 'Auto-Wanderweg' unterwegs zu sein, weil der Weg auf einer öffentlichen, asphaltierten Höfestraße verläuft und uns laufend Autos bedrängen. Nach ca. 2 km verlassen wir jedoch die Straße und bewegen uns überwiegend auf Wirtschaftswegen durch Lärchenwälder und Almflächen.






Station Pluto
Station Pluto
Station Pluto

Pluto liegt am Rand unseres Sonnensystems und kreist auf weiter Bahn mit langem Weg und hoher Geschwindigkeit um die Sonne. Wir erreichen Pluto nach ca. halbstündiger Wanderung im Fußgängertempo beim Tschigg-Hof. Dass Pluto als Objekt des Kuipergürtels identifiziert wurde und die Internationale Astronomische Union (IAU) Pluto am 24. August 2006 den Planetenstatus aberkannte, sei am Rande angemerkt, weil die Station nicht auf diesen Sachverhalt aufmerksam macht. Dass der Planetenstatus auf willkürlichen Definitionen beruht und diese Änderungen oder Modifikationen unterliegen, halten wir ebenso für eine interessante Information. Die Gestalter der Stationen bieten anderes "Interessantes über die Erde und die Planeten unseres Sonnensystems": Sonnenabstand, Länge der Umlaufbahn, Umlaufdauer, Rotationsdauer, Durchmesser, Volumen, Dichte, Bahnneigung, Oberflächentemperatur, Atmosphäre, Achsenneigung, Größenklasse, Anzahl Monde. Für Astrophysiker und Hobby-Astronomen mögen die Informationen spannend sein. Für uns sind es Zahlen, deren Bedeutung unanschaulich bleibt. Metrik der Planetenstationen ergänzen jeweils einige hübsche Fotos ohne Erläuterungen. Sofern die Fotos eine Message transportieren, bleibt diese uns verschlossen. Pluto ist aufgrund seiner Platzierung trotzdem einen Besuch wert. Von der Position schauen wir auf Rosengarten, Latemar sowie Schwarzhorn und Weißhorn am Jochgrimm, unser Vormittagsprogramm.


Sternwarte und Sonnenobservatorium in Obergummer
Nach Pluto begegnen wir vorerst keiner weiteren Planetenstation. Völlig überraschend trifft uns dieser Sachverhalt nicht, Pluto kreist schließlich am Rand unseres Sonnensystems. Als Menschen mit einem Lebenszyklus, der deutlich kürzer ist als Zyklen kosmischer Objekte, wüssten wir gerne, wo wir die nächste Planetenstation erreichen, aber unsere Fragen bleiben unbeantwortet. Wir steuern das Gasthaus Unteregger an, in dessen Nachbarschaft Sternwarte und Sonnenobservatorium liegen. 25 Minuten Wanderung seit Pluto sind vergangen, bis kurz vor Sternwarte und Sonnenobservatorium die Stationen geradezu an uns vorbeifliegen. Mit vielleicht 'symbolischer Über-Lichtgeschwindigkeit' passieren wir Mars, Erde, Venus und Merkur in kurzer Abfolge und stehen an den Kuppeln der Observatorien.



 

Gasthaus Unteregger
Nach fast 4 Stunden Wanderung (inkl. Weißhorn) bietet das Gasthaus Unteregger eine willkommene Einkehrmöglichkeit auf aussichtsreichem Gelände. Einrichtung, Lage und Angebot gefallen uns.












Blick vom Planetenweg zum Rosengarten
Planetenweg-Steinegg
Eine ausgiebige Rast baut uns wieder auf. An dem für uns unklar ausgeschilderten Rückweg treffen wir auf die Stationen Jupiter und Saturn, ehe wir nach 2 Stunden Planetenwanderung wieder den Parkplatz am Schenk erreichen. Um Uranus und Neptun zu begegnen, müssten wir noch einen Schlenker anhängen, aber warum sollten wir das tun? Planetenstationen hatten wir mittlerweile genug, das Panorama wird sich nicht mehr großartig verändern und 'Sterntaler' überlassen wir denen, die sich an solchen Gimmicks erfreuen. 

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