Donnerstag, 30. Juli 2015

Kulturtour im Obervinschgau - Tschengls und Allitz

Gasthaus Sonneck in Allitz (Laas)
Tschengls, Burgruine Tschengelsberg, St. Ottilia
Die Dörfer Tschengls und Allitz (beide sind Fraktion der Gemeinde Laas) sind keine Kulturhochburgen des Vinschgaus. Besuchern offerieren sie speziellen Charme.
Das Dorf Tschengls  ist noch fast unberührt vom Tourismus und vermittelt Authentizität. Mehr als 20 Jahren liegt unsere Teilnahme an einem Dorflauf zurück. Intensive Erinnerungen motivierten uns vor 2 Jahren zu einer Besichtigung von Tschengls und Tschengelsburg, während der wir bemerken, dass der Ort mehr zu bieten hat, als ein Kurzbesuch berücksichtigen kann (Post vom 10.07.2013). Die Absicht einer Rückkehr setzen wir heute um und finden Bestätigung. Tschengls ist  einen Besuch wert!
Ein Fixpunkt unserer Vinschgau-Reisen ist seit ca. 30 Jahren das Gasthaus Sonneck in Allitz. Über 3 Jahrzehnte verfolgen wir die spannende Entwicklung eines einfachen Dorfgasthauses zu einem über dem Vinschgau hinaus mittlerweile auch einschlägigen Reiseführern bekanntem Restaurant, das während der Saison viele deutsche und schweizer Besucher bewirtet und zugleich Dorfgasthaus der Einheimischen geblieben ist. Qualität der regionalen Küche und Preis-Leistungs-Verhältnis ihrer Produkte überzeugen heute erneut. Diashow der Fotoserie - Fotostream als Google Geschichte

St. Ottila, 17. Jh., bei Tschengls
Tschengls, ein Dorf mit gerade 500 Einwohnern, schmiegt sich in 950 m Höhe an den Fuß der von der Talsohle 2.500 m aufsteigenden Tschenglser Hochwand. Vom Ortszentrum folgen wir einem von Marillen-, Kirsch- und Vogelbeerbämen gesäumten Abschnitt des südtiroler Jakobswegs (Markierung Nr. 5/7) nach Westen in Richtung Prad. Am Ortsausgang grüßt ein Tschengsler Bauer und meint, wir kämen gerade richtig, um bei der Ernte des reifen Obst zu helfen. Nach kräftigen Regengüssen vom Vorabend sind Wiesen und Wege übersät mit Fallobst, das schnell aufgelesen werden muss, um nicht zu verderben.
Bald gelangen wir an das schmucklose Kirchlein St. Ottilia (17. Jh.). Die heilige Ottilie gilt als Patronin der Sehbehinderten und Blinden. Wir fallen zwar in ihre Zuständigkeit, aber das Kirchlein ist verschlossen.




Marillenernte an St. Ottila bei Tschengls
3 Generation Tschengsler sammeln in der Höhe von St. Ottilia Marillen (Aprikosen) auf. Die Alt-Bäuerin fragt, ob wir einige Marillen mögen. Das Obst sei ungespritzt, daher nicht so makellos wie es die Leute mögen, dafür aber von besserem Geschmack, der besonders gute Konfitüren ergebe. Wer kann da schon nein sagen?











Burgruine Tschengelsberg, 12. Jh.
Burgruine Tschengelsberg, 12. Jh.
Mit Marillen im Rucksack setzen wir den bisher nur moderat ansteigenden Weg fort. An einer Verzweigung treffen wir auf den Lottersteig, dessen westliche Abschnitte wir vor 3 Tagen gegangen sind (Post vom 27.07.2015). Nunmehr kräftig ansteigend folgen wir Hinweisen zum 'Schloss Tschenglsberg'. Am Hof 'Hinterburg' ist eine Höhe von 1.320 m erreicht. 70 m tiefer liegt die Burgruine Tschengelsberg (12. Jh.), auch als 'Hinterburg' bezeichnet, die wir nach 1,5-stündiger Wanderung erreichen. Die für Kriegszwecke gebaute Burg umgibt eine 10 m hohe, mächtige Ringmauer, innerhalb der ein 20 m hoher Bergfried aufragt. Eine Besichtigung ist nur von außen möglich. Die Burg befindet sich in Privatbesitz und wird als Bauernhof genutzt. Besucher sind nicht erwünscht.

Tschengls, Pfarrkirche Maria Geburt, Tschengelsburg
Auf Weg Nr. 6 kehren wir in 30 Minuten zurück nach
Tschengls. Auf dem eher unspektakulären Rückweg sind die Ausblicke auf den Vinschgau und auf das Dorf Tschengls hervorzuheben. Markanteste und auch bedeutendste Bauwerke des Ortes sind die Pfarrkirche Maria Geburt (spätes 15. Jh.) und Schloss Tschengelsburg (13. Jh, Bergfried um 1000).










Gasthof Sonneck in Allitz
Gasthof Sonneck in Allitz
Das kleine Dorf Allitz am Sonnenberg setzt sich in 1000 m Höhe aus mehreren großen Höfen zusammen und zählt in der Gegenwart 277 Einwohner. Über etliche Jahre haben wir bei Aufenthalten im Vinschgau vor allem in Kortsch Quartier bezogen. Während unserer langen Läuferkarriere führte eine unserer Trainingsstrecken von Kortsch in 800 m Höhe über Allitz nach Laas und zurück entlang der Etsch. Bei großer Hitze war das kleine Gasthaus Sonneck unsere Getränkestation. Da auch Küchenangebot und Besucherfrequenz Interesse weckten, sind wir auf Wanderungen eingekehrt, um die Küche kennenzulernen. Bereits damals, vor 20-30 Jahren, waren wir mit der Küche sehr viel zufriedener als mit bescheidenen Wanderoptionen rund um Allitz. Der Gastraum und ein kleiner, offener Balkon waren zu dieser Zeit nur für wenige Besucher ausgelegt.




Terrasse des Gasthofs Sonneck in Allitz
Herbert Thanei, Besitzer und Koch des Gasthauses, von Einheimischen 'Hebs' genannt, hatte offensichtlich Größeres vor. Er entwickelte auf Basis hochwertiger lokaler, saisonaler Produkte einen Kochstil, der regionale Küche gemäß Ideen gehobener Küchenkultur neu interpretiert, ohne Bodenständigkeit aufzugeben oder gar zu verleugnen. Das Preisgefüge regionaler Gasthäuser bleibt erhalten. Mit sporadischen kulturellen Veranstaltungen, Themenwochen und Weinverkostungen macht das Gasthaus immer wieder auch ein breiteres Publikum auf sich aufmerksam. Mittlerweile gilt 'Hebs' als südtiroler Gourmetkoch, der gerne als Koch für regionale Events gebucht wird. Räumlichkeiten des Gasthauses wurden in der Zwischenzeit im Erdgeschoss ausgebaut. Eine Außenterrasse ergänzt bei schönem Wetter das Raumangebot.




Aus Vorjahren kennen wir enormes Interesse und reisen daher vom nur wenige Kilometer entfernten Ort Tschengls frühzeitig zum Lunch an. Nachdem wir an einem schattigen Tisch auf der Terrasse Platz genommen haben, diktiert der Service mit nur einer Hauptkraft Entschleunigung. Wer am Gasthaus Sonneck einkehrt, darf nicht ungeduldig sein. Der Service agiert nicht nach dem 'first come, first served'-Prinzip. Einheimische, die zu ihrer Mittagspause einkehren, werden bevorzugt bedient. Laufkundschaft muss u.U. längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Die Karte bietet eine Reihe hochwertiger regionaler Weine offen an, mit denen sich Wartezeiten angenehm gestalten lassen. Als Gerichte wählen wir Pappardelle mit Pfifferlingen (10 €) und Hirschcarpaccio (13 €). Beide Gerichte sind exzellent und können als Doppelportion gelten, weshalb wir sie jeweils teilen. Die Rechnung für das Essen plus 1/4 l Wein, 1 l Mineralwasser und 2 Espressi beträgt 36 €! Aussicht über den Vinschgau gibt es kostenlos.

1 Kommentar:

  1. Das Kirchlein außerhalb von Tschengls heißt St. Ottilia.... Die drei Generationen Tschenglser, die dort Marillen sammelten sind nicht alle weiblich :-) Es handelt sich um meine Schwiegermutter, meine Frau und meinen damals dreijährigen Sohn... ;-)

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