

3 Tage vor den
24 Stunden von Rheinland-Pfalz, ein Wander-Event über 77,5 km, reisen wir in den
Hunsrück, weil wir neugierig auf die uns nahezu unbekannte Region sind. Als Unterkunft wählen wir eine gut eingerichtete Ferienwohnung in einem restaurierten historischen Bauernhof (
Ferienhaus Schwenk) im Zentrum von
Hennweiler, Start- und Zielort des Events am 18./19.06.2016. - Posts:
Tagesschleife -
Dämmerungsschleife
Der Abbau dörflicher Infrastruktur stoppt nicht an den Grenzen von
Hennweiler. Immerhin blieb jenseits von Kirche und Friedhof ein Rest dörflicher Infrastruktur erhalten: Schule, Dorfladen und zwei Gaststätten mit Küchenbetrieb, die wir natürlich besuchen. Einrichtungen und umfangreiche Speisekarten erinnern an Nachkriegszeiten. Zwischen gestern und heute treffen wir auf Toast Hawaii, Strammer Max, Damen- und Herrentoast, Jäger- und Zigeunerschnitzel. Aufgerufene Preise sind zeitgemäß, jedoch günstig. Das Angebot dominieren Fleischgerichte, Frittiertes, Toast. Wer Vegetarisches oder Fisch, Pasta oder Reis sucht, geht leer aus.(1) Spannender ist die Landschaft, durch die das Wander-Event führt. Kurzwanderungen und Spaziergänge ergänzen unsere Eindrücke.
Fotogalerie Kirn und Hennweiler
Stadt Kirn

Am Tag der Anreise unternehmen wir einen Rundgang in
Kirn an der
Nahe im
Landkreis Bad Kreuznach. In der Kleinstadt mit etwas mehr als 8.000 Einwohnern treffen wir auf ein überschaubares historisches Zentrum, das sich um einen Marktplatz und entlang der
Nahe gruppiert. Sehenswert sind einige restaurierte Fachwerkgebäude, das barocke Rathaus und die spätgotische Stadtkirche. Stil und Atmosphäre im Ort prägt ein hoher Anteil ärmlich und bildungsfern wirkendes Publikum. Einzelhandelseinrichtungen, Gastronomie und Bauinfrastruktur verstärken diesen Eindruck.
Hahnenbachtaltour - Fotogalerie der Wanderung

Die 9,5 km lange Rundwanderung
Traumschleife Hahnenbachtaltour ist vom
Deutschen Wanderinstitut als
Premiumweg zertifiziert. Das
Wandermagazin zeichnete im Jahr 2012 die Hahnenbachtaltour als "Deutschlands Schönster Wanderweg" in der Kategorie Tagestour aus. Prädikate dieser Art sollen natürlich Publikum anziehen. Auch wir lassen uns bei der Entscheidung für eine Wanderroute von diesen Prädikaten beeindrucken und nutzen ein schmales regenfreies Wetterfenster für eine Wanderung im
Hahnenbachtal.
Am Parkplatz beim
Besucherbergwerk Herrenberg führt ein kurzer, steiler Anstieg auf einen Aussichtspunkt, von dem wir auf die
Burgruine Schmidtburg schauen. Der Auftakt gefällt uns.

Das
Besucherbergwerk Herrenberg und das Freilichtmuseum
Keltensiedlung Altberg öffnen erst um 11:00 Uhr. Warten möchten wir nicht. In Anbetracht eher unattraktiver Außenanlagen verspüren wir ohnehin keinen Besuchswunsch.
Oftmals reklamieren wir in anderen Kontexten fehlende Wandermarken. Hier treffen wir auf eher zu viele Wandermarken unterschiedlicher und teilweise parallel verlaufender Wegführungen. Die Vielfalt der Wandermarken erschwert die Orientierung, zumal die Marken oft nicht an einem Ort gemeinsamen platziert, sondern verstreut im Gelände verteilt sind. Wir haben jedenfalls Schwierigkeiten, von der
Keltensiedlung Altberg zurück auf die Wanderroute zu finden. Da die Wanderung über die
Burgruine Schmidtburg führt, wollen wir die Route dort neu justieren.

Der Weg zur Burgruine führt hinab in das wilde
Hahnenbachtal, in dem der Bach auf mehreren Fußgängerbrücken überquert werden kann. Nach z.T. heftigen Regenfällen der letzten Wochen ist der
Hahnenbach, ein Nebenfluss der
Nahe, zu einem Fluss angewachsen. Das Ufer säumende Bäume sind vom Wasser des Bachs umspült .

Die Ursprünge der weitläufigen Anlage
Burgruine Schmidtburg liegen vermutlich im 10. Jahrhundert. Baukörper und Nutzung veränderten sich im Verlauf der Jahrhunderte vielfach.
Schinderhannes Johannes Bückler soll die Burgruine als Unterkunft genutzt haben.
Die Burgruine kann auf eigene Gefahr frei erkundet werden, was wir auch tun. Schwer lesbare verwitterte Holztafeln geben Auskunft über die ursprüngliche Funktion von Gebäudeteilen. Die Annahme, dass wir uns an der Burg problemlos neu orientieren können, erweist sich als Irrtum. Über eine Treppe zur äußeren Burgmauer finden wir schließlich wieder heraus aus dem Gelände.


Die Fortsetzung des Wanderweges durch dichten Wald nutzt auf einem Abschnitt Trasse und Tunnels einer ehemaligen Schmalspurbahn, die von inzwischen stillgelegten
Schiefergruben betrieben wurde.
Nach 2-stündigem Herumirren im Gelände erreichen wir den Ausgangspunkt. Von der
Traumschleife Hahnebachtaltour sind wir etwa die Hälfte abgegangen. Vielleicht ist es die andere Hälfte, welche die Wanderprädikate rechtfertigt.
Kurzwanderung am Erbeskopf - Fotogalerie Erbeskopf - Webcam Erbeskopf

2015 wurde der
Nationalpark Hunsrück-Hochwald als 16. deutscher Nationalpark deklariert. Im Nationalpark liegt der
Erbeskopf, mit 816 m Höhe höchste Erhebung des
Hunsrücks. Bei leichtem Dauerregen möchten wir uns zumindest einen Eindruck verschaffen und unternehmen eine kurze Wanderung vom
Hunsrückhaus auf den Gipfel des
Erbeskopf (ca. 30 Minuten pro Strecke). Das Gipfelplateau war bis 2004 militärisches Sperrgebiet. Militäranlagen befinden sich noch immer auf dem Plateau, aber außerhalb dieses Areals ist das Plateau frei zugänglich. Seit 2011 wird das Plateau umgestaltet. Ein hölzerner
Aussichtsturm ist zum Zeitpunkt unseres Besuchs gesperrt, was leicht zu verschmerzen ist, weil die Aussicht heute nicht weit reicht. Sehenswert ist ein
Skulpturenweg mit 6 Skulpturen zeitgenössischer Künstler. Highlight des
Skulpurenwegs ist die
Windklangskulptur des Bildhauers
Christoph Mancke.(2)

Im
Hunsrückhaus des Nationalparkzentrums informiert eine verschlafen wirkende Dauerausstellung mit pädagogischem Impetus über naturräumliche Besonderheiten der Region. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs breiten sich im
Hunsrückhaus mehrere Gruppen aus. Einzelbesucher finden sich an den Rand gedrängt. Kaffee zu ordern, erfordert Geduld. Einen Sitzplatz improvisieren wir in einem zur Mittagszeit nicht belegten Schulungsraum.
Besichtigung Schloss Dhaun - Fotogalerie Schloss Dhaun

Am Tag nach den
24 Stunden von Rheinland-Pfalz holen wir die Besichtigung der Burgruine
Schloss Dhaun nach, über die gestern die Tagesschleife der Veranstaltung führte (
Post der Tagesschleife). Die wechselvolle Geschichte der imposanten Burganlage geht auf das 13. Jahrhundert zurück und erlebte viele Eigentümer. 1794 gelangte die Burg in französischen Besitz und wurde zum Abbruch versteigert. Zurück blieb eine Ruine, in der im 19. und 20. Jahrhundert einige Um- und Einbauten stattfanden. In der Gegenwart werden Gebäude innerhalb des Komplexes für Tagungen und als Bildungsstätte genutzt. Wir suchen vergeblich nach öffentlicher Infrastruktur, die zu einem Verweilen in der Burg einladen würde. Auch ohne Infrastruktur lohnt sich jedoch der Besuch wegen attraktiver Ausblicke auf
Kirn im
Nahetal und auf das
Kellenbachtal.
Hängeseilbrücke Geierlay bei Mörsdorf (2) - Fotogalerie Hängeseilbrücke

Auf der Rückfahrt vom
Hunsrück besuchen wir mit einem nur kurzem Umweg die 2015 fertiggestellte
Hängeseilbrücke Geierlay bei
Mörsdorf. Die frei hängende Fußgängerbrücke überspannt das ca. 100 m tiefer liegende
Mörsdorfer Bachtal und gilt mit 360 m Spannweite als längste Hängeseilbrücke Deutschlands. Das Konzept der Brücke ist touristisch motiviert und scheint aufzugehen. Die Brücke hat sich schnell zum Besuchermagnet entwickelt und zieht insbesondere bei schönem Wetter an Wochenenden und Feiertagen viele Besucher an. Am heutigen Montagmorgen ist der Andrang überschaubar. Der kostenlose Besuch der 1,5 km von
Mörsdorf entfernten Brücke kann mit 3 km und 6 km langen Rundwegen zu einer kurzen Wanderung ausgebaut werden. Die Wanderwege beginnen in
Mörsdorf am
Besucherzentrum Geierlay.
Persönliches Fazit zum Aufenthalt im Hunsrück
Der
Hunsrück ist ein wenig der Zeit entrückt und erinnert uns an Provinzregionen in neuen Bundesländern der ehemaligen DDR. Touristisch scheint die Region jedoch aus einem 'Dornröschenschlaf' zu erwachen. Insbsondere mit Wander-Infrastruktur und zahlreichen Wander-Events versuchen Gemeinden im
Hunsrück Anschluss an den sportlichen Mega-Trend 'Wandern' zu finden. Sportveranstaltungen, der neu eingerichtete
Nationalpark Hunsrück-Hochwald und Attraktionen wie die
Hängeseilbrücke Geierlay oder der
Nahe-Skywalk bei
Hochstetten-Dhaun finden auch überregionale Beachtung und ziehen Touristen von außerhalb an.
Uns gefällt jedoch eher die ruhige Seite der für deutsche Verhältnisse einsamen Wanderregion jenseits vom Massentourismus. Darum haben wir uns vorgenommen, demnächst bei besserem Wetter zurückzukehren und uns mehr Zeit für eigene Wanderungen zu nehmen. Beim nächsten Besuch werden wir uns jedoch nicht ausschließlich auf Wandermarkierungen verlassen, sondern unser Wander-GPS mitführen. Das Dorf
Hennweiler und die Ferienwohnungen der
Pension Schwenk schätzen wir als sympathische und verkehrsgünstig gelegene Standorte. Wenn wir uns gastronomisch verwöhnen lassen wollen, liegt der
Forellenhof (1) nur 7 km von
Hennweiler entfernt.
Anmerkungen
- Unsere obflächlichen Eindrücke hunsrücker Dorfgastronomie revidiert am Abschlussabend unseres Aufenthaltes das Restaurant Forellenhof im Hahnenbachtal. In angenehmer Umgebung genießen wir eine erfreuliche Regionalküche zu angemessenen Preisen. - Fotogalerie Forellenhof
- Wikipedia: Christoph Mancke
- Wikipedia: Geierlay
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