Haussee mit historischem Waschhaus im Linné Park von Schloss Petzow |
Bronze-Relief mit Fontane als Wanderer |
Soviel vorweg, der Fontaneweg F6 um den Schwielowsee hat uns ausgezeichnet gefallen! Der Name des Sees ist irritierend. Wir befinden uns nämlich an der Havel, die aufgrund der landschaftlichen Formation in einer Kette mehrerer 'Seen' durch Brandenburg fließt. Einer dieser Havelseen ist der Schwielowsee, den weitere Havelseen umgeben.
Die Markierungen sind zwar nicht immer eindeutig, aber insgesamt ausreichend. Entfernungsangaben sollten nicht so ernst genommen werden. Z.B. sind in Caputh kurz nach der Fähre 300 m bis zum Schloss ausgewiesen. Nachdem wir uns dem Schloss etwas nähern, sind es noch 900 m. Eine Gesamtdistanz für die Runde fehlt ebenfalls. Wir haben etwas mehr als 4 Stunden Gehzeit gebraucht und schätzen die Runde auf ca. 20 km. Für einen Themenweg, als einen solchen betrachten wir den Fontaneweg, würden wir uns außerdem mehr Hinweise und Erläuterungen wünschen. Durchgehende Beschreibungen sind weder im Internet noch im Buchhandel zu finden. Das verfügbare Kartenmaterial ist ebenfalls nicht auf diese Themenrouten abgestellt, reicht aber aus. Damit sind die negativen Posten abgehakt. Der Rest ist sehr schön und außergewöhnlich interessant!
Wenn wir nicht davon ausgehen würden, dass die Chance auf Reichtum und Macht i.d.R. jedes Gefühl von Anstatt, Sitte oder Scham konterkarriert, könnten wir auf die Idee kommen, dass dieser Wanderweg bewusst nicht propagiert wird oder Informationen sogar unterdrückt werden. Bei der Vor- und Nachbereitung treffen wir nämlich auf das volle Programm menschlicher Gier, Eitelkeiten, Makel und Peinlichkeiten nicht nur verstorbener, sondern auch lebender Personen. Der Sumpf menschlicher Eitelkeiten, durch den wir hier nicht ungerne waten, steigert die Attraktivität der Strecke nicht unbeträchtlich. Berichten werden wir über diese Aspekte an anderer Stelle im Blog 'raumzeit'. Link zum Post
Resort Schwielowsee |
Fontane-Statue im Park des Resorts Schwielowsee |
Wir starten unsere Runde am Resort Schwielowsee zwischen den Orten Petzow und Geltow. Das Resort wird von einer 'Theodor Fontane Besitz- und Betriebs GmbH' verwaltet, was zunächst auf uns sympathisch wirkt und auch die Errichtung der Fontane-Skulptur motiviert haben dürfte. Die Haltung der Fontanefigur wirkt auf uns übertrieben pathetisch, und die Anlage des großen Resorts ist für uns nicht beeindruckend, sondern das misslungene Ergebnis einer falschen Dimensionierung. Die Anlage ordnet sich der Natur in der Umgebung nicht unter, sondern formuliert in der Tradition von Schlössern einen Willen zur Beherrschung, der auf uns lächerlich wirkt. Bis hier geht es um Fragen des Geschmacks. Bei Fragen bzgl. Finanzierung und Profitabilität dieser Anlage endet der Spaß. Das gilt nicht für uns, aber für den Besitzer, der seit Monaten in Untersuchungshaft sitzt und im Januar die Eröffnung seines Prozesses wegen schweren Betrugs erwartet.
Auf dem Weg nach Geltow erkennen wir von der Havelbrücke in nördlicher Richtung die Havelinsel von Werder, die wir vor einigen Tagen besucht haben. Link zum Post der Wanderung von Paretz nach Werder
Wir gehen die Strecke im Uhrzeigersinn entlang des Sees und streifen die Ortschaft Geltow lediglich. Am Rand der Ortschaft steht die aus einem Baumstamm herausgearbeitete Holzskulptur eines Mannes, der ohne Ausdruck von Macht oder Unterwürfigkeit scheinbar beobachtend oder fragend auf den See blickt. Diese Haltung von Respekt und Bescheidenheit gegenüber der Natur betrachten wir als menschlich angemessen. Die Art und Weise der Umsetzung dieses Ausdrucks gefällt uns. Das Haus auf der anderen Straßenseite ist ungewöhnlich und sympathisch gestaltet, frei von jeder Agressiviät. Ob es dem Künstler gehört?
Landschaft zwischen Geltow und Caputh |
Seilfähre bei Caputh |
Fontane berichtet in seinen 'Wanderungen durch die Mark Brandenburg' ausführlich über 'den Schwielow' und die Ortschaften am See. Caputh war damals ein armes Dorf. Für Landwirtschaft ist die Gegend kaum geeignet und Fischerei fiel aus. Die Rechte lagen bei den Potsdamer Kiez-Fischern. ('Kietz' bezeichnet ursprünglich eine Siedlung mit slawischen Bewohnern, die zu Dienstleistungen oder Abgabepflichten für eine benachbarte Burg verpflichtet waren.) Caputh fand seine Nischen in der Ziegel-Industrie, in der Havel-Logistik sowie im Bootsbau für Havelkähne, die vor allem für den Ziegeltransport in die Residenzen Potsdam und Berlin eingesetzt wurden. Heute ist Caputh eine ansehnliche und touristisch geprägte Ortschaft, wobei das Eine mit dem Anderen zusammenhängen dürfte.
Dorfkirche von Caputh |
Front von Schloß Caputh |
1667 gingen das Schloss Caputh und das Gut zurück an den Großen Kurfürsten, der das Schloss seiner zweiten Gattin, der Kurfürstin Dorothea von Brandenburg schenkte. Diese erweiterte das Schloß und gibt ihm die Gestalt, die weitgehend der heutigen Sicht entspricht.
Garten in der Sichtachse von Schloss Caputh |
Sommerwohnhaus von Albert Einstein in Caputh |
'Komm nach Caputh, pfeif auf die Welt,
Und auf Papa, wenn Dirs gefällt.'
Am 6. Dezember 1932 reiste Einstein mit seiner Frau zu einer Vorlesungsreihe in die USA. Einsteins politischer Instinkt bewahrt ihn vor einer Rückkehr nach Deutschland. Einsteins Eltern stammen nämlich aus alteingesessenen jüdischen Famlien, und inzwischen haben die Nationalsozialisten die Macht ergriffen. Im März 1933 legte Einstein seine deutsche Staatsbürgerschaft ab. Bei einer Bücherverbrennung im Mai 1933 in Berlin brennen auch Einsteins Bücher.
Schwielosee bei Ferch |
Schloss Petzow |
Die Kaehnes vermehren über mehrere Generationen ihren Wohlstand, kaufen große Teile des Dorfes auf und erwerben Ziegeleien. Mit Hilfe der Pläne von Peter Joseph Lenné beginnen sie ab 1820 mit der Anlage einer Parklandschaft (siehe Eingangsfoto). Von Karl Friedrich Schinkel lassen sie ein neues Herrenhaus entwerfen, das 1825 fertiggestellt wird und 1827 den Status eines Ritterguts erhält. 1840 erhebt Wilhelm IV. die Kaehnes in den erblichen Adelsstand als Ritter des königlichen Hausordens.
Motiv im Park von Schloss Petzow |
Motiv im Park von Schloss Petzow |
Motiv im Park von Schloss Petzow |
Der Weg, auf dem die Familie Kaehne über Generationen zu ihrem Reichtum kommt und Hindernisse ausräumt, ist mit Skandalen gepflastert. Im 20. Jahrhundert setzt ein rasanter Niedergang der Familie ein, der erneut mit Skandalen und Katastrophen auf der menschlichen Ebene einhergeht. Diese Aspekte vertieft ein Post im Blog 'raumzeit'. Link zum Post
Es ist nur konsequent, wenn Fontane für die Architektur der von Schinkel entworfenen und seinem Schüler Stüler ausgeführten Kirche, die oberhalb der Ortstschaft Petzow auf dem Grelleberg liegt (Fontane spricht vom 'Grelle'), keine positiven Worte in seiner Beschreibung findet. Die Kirche empfindet er als 'leer und kahl' und 'verstimmend' in ihrer 'Kahlheit', um dann festzustellen,
'... daß man im Hinaustreten auf das Flachdach des Turmes diese Verstimmung plötzlich und wie auf Zauberschlag von sich abgefallen fühlt. Sie geht unter in dem Panorama, das sich hier bietet. (...) Das Ganze ein Landschaftsbild im großen Stil; nicht von relativer Schönheit, sondern absolut.'
Eine relevante Fortsetzung ist nach diesen großen Worten kaum möglich, sondern nur ein demütiges 'Amen'!
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