Dienstag, 28. August 2018

Flow auf dem Planeiler Höhenweg 1 & 2

Punibach im hinteren PlaneiltalPlaneil im Planeiltal, Burgeis, Kloster Marienberg Wir wandern gerne im Planeiltal, ein vom Tourismus relativ unberührtes Seitental im oberen Vinschgau. Benannt ist das Tal nach dem Dorf Planeil(1), in dem der Planeiler Höhenweg als Rundweg mit 3 Teilabschnitten beginnt und endet.(2) Den Abschnitt 1 sind wir bereits mehrmals gegangen, zuletzt noch vor 8 Tagen in Verbindung mit dem Wieges-Rundweg (Post vom 20.08.2018). Die Wanderung hat uns so gut gefallen, dass wir heute tiefer in das Planeiltal vordringen und den Höhenweg 2 anfügen. Am Nachmittag sind wir nach etwas mehr als 5-stündiger Wanderung (ca. 16 km, 900 Höhenmeter) begeistert wie selten und nehmen uns vor, im nächsten Jahr die komplette Runde zu gehen. - Fotoserie

Kreuz am verfallenen Petasetteshof im Planeiltal Da wir vor einer Woche den am ehemaligen Gasitsches Waal entlang führenden Zweig des Planeiler Höhenwegs 1 nicht gefunden haben und der Talweg Nr. 6 im vorderen Abschnitt langweilig ist, wählen wir als Variante den am östlichen Hang des Tals entlang führenden Panoramaweg und nehmen damit einen Umweg von ca. 1 km und einige zusätzliche Höhenmeter in Kauf. Nach 1,5 Stunden treffen wir am Niedermoor Petasettes in der Nähe eines unlängst aufgestellten großen Wegkreuzes wieder auf den Talweg, dem wir vorerst in das hintere Planeiltal folgen.(3) 




Wanderin auf Brücke über den Punibach im Planeiltal Der Talweg verläuft nur moderat ansteigend entlang des Punibachs. Nach gut 2 Stunden Gehzeit überqueren wir den Punibach auf einer schmalen Brücke und erreichen einige Minuten später auf ca. 2.100 m Höhe die Abzweigung des Höhenwegs 2. Wir müssen zunächst ca. 200 m aufsteigen, bis wir nach 2:20 Std. auf die bergseitige Verzweigung der Höhenwege 2 und 3 am mittlerweile verrohrten Alpwaal treffen, zugleich unser Wendepunkt, ab dem wir ohne größere Höhendifferenzen talauswärts zurück in Richtung Planeil gehen.  




Hinterberghütte im Planeiltal Nach 3-stündiger Wanderung bieten sich am Berghang zwei als Sitzbank vorgesehene Bretter für eine Rast an, die uns für den weiteren Weg stärkt. Kurz darauf passieren wir die Hinterberghütte, an der uns eine Ziegenherde aufmerksam beobachtet. Ein in weiten Bögen an Berghängen entlang führender Almenweg verbindet die Hinterberghütte mit der Planeiler Alm. Der Planeiler Höhenweg folgt jedoch dem Gelände mehr oder weniger entlang des Alpwaals in direkterer Linie und teilweise auch weglos, aber deutliche Markierungen lassen nie Zweifel am Verlauf der Route aufkommen.



Planeiler Alm,  2.203 m Über 2,5 Stunden treffen wir zahlreiche Murmeltiere, einige Ziegen und Schafe und viele Grashüpfer, aber keine Menschenseele. Ruhe und Abgeschiedenheit der grandiosen Landschaft bewirken zusammen mit perfektem Wetter und dem Rhythmus unangestrengt-fließenden Gehens ein euphorisierendes meditatives Flow-Erlebnis des Entrücktseins vom Trubel des Lebens.(4) Solche selten erfahrbaren Glücks-Zustände motivieren zu Wiederholungen. Im nächsten Jahr werden wir die ganze Runde gehen.
An der Planeiler Alm trifft der Höhenweg 2 auf den Höhenweg 1. Nach gut 4-stündiger Wanderung holt uns der Betrieb an der heute überfüllten Planeiler Alm zurück in die Realität. Zum Verweilen fehlt Muße. Ein kühles Getränk reicht uns, ehe wir die Runde mit dem einstündigen Abstieg über 610 Höhenmeter nach Planeil abschließen.

Anmerkungen
  1. Planeil ist eine Fraktion der Gemeinde Mals im Vinschgau in Südtirol. Das Dorf liegt auf ca. 1.600 m Höhe und hat ca. 200 Einwohner. Ursprünglich entstanden ist Planeil als ein aus 7 Höfen bestehendes rätoromanisches Haufendorf. Der Ortsname Planeil geht auf den Begriff Paneola zurück, lateinisch für kleine Hangverebnung (Planeiler Geschichte).
    Bis in das 17./18. Jahrhunderts wurde in den Seitentälern des Vinschgaus ladinisch gesprochen, ein romanischer Dialekt im Alpenraum. Von Tiroler Herrschaft angeordnete Sprachverbote bewirkten die Germanisierung der Sprache (Ladinisch im Vinschgau). Auf kulturelle Wurzeln verweisen neben Ortsnamen auch rätoromanische Flurnamen (im Planeiltal z.B. Gompatsch, Orgles, Amadurs, Awanaira, Frugles, Petasettes, Plamatroja, Pradamuns, Plamdrodunt, Pradazaun, Petzalunga, Rowanatt, Towaut, Traschin etc.) sowie Begriffe im Vinschgauer Dialekt.
    Über ladinische Kultur in Südtirol informiert die Webseite veijn - unbekannter nachbar 
  2. Eingerichtet wurde der Planeiler Höhenweg 2013/14 von einer Gruppe Freiwilliger, berichtet der Vinschgerwind: Freiwillige aktivieren alte Wandersteige.
    Bergseitig verläuft der Planeiler Höhenweg auf uralten Waalwegen und talseitig auf oder neben dem Almenweg Nr. 6.
    Eine Beschreibung der Teilabschnitte bietet die Webseite Pritscheshof: Planeiler Höhenweg 
    Eine grafische Darstellung bietet die 3D-Wanderkarte Obervinschgau (PDF-Dokument). In dieser Darstellung sind die Teilabschnitte des Höhenwegs als 7a, 7b, 7c bezeichnet.
  3. Das Niedermoor Petasettes ist ein geschütztes Biotop und mit ca. 5 ha eines der größten Moore des oberen Vinschgaus. Am Rand des Biotops befinden sich Reste des verfallenen Petasetteshofs. 
  4. Als Flow wird ein Konzept der Motivationspsychologie bezeichnet, das Bedingungen des Erlebens spezifischer Glücksgefühle untersucht, die durch eigenes Handeln ausgelöst werden und in der Selbstwahrnehmung als ein weltvergessendes völliges Aufgehen in der eigenen Tätigkeit erlebt werden. Die Motivationspsychologie unterscheidet zwischen tätigkeitszentrierten und zweckrationalen Anreizen des Handenls. Während Belohnungen tätigkeitszentrierten Handelns intrinsischer Art sind (die Freude an der Tätigkeit ist bereits die Belohnung), ist zweckrationales Handeln von extrinsischen Belohungen motiviert, wie Sicherung des Überlebens und des Lebensunterhalts, Aneignung materieller Güter, Erwerb sozialer Anerkennung etc.. Flow stellt sich als Erlebnis einer außergewöhnlich belohnenden Qualität des eigenen Handelns ein, wenn Menschen frei von äußeren Zwecken Tätigkeiten nur deshalb ausführen, weil sie trotz aller Konzentration und Anstrengung bei deren Ausführung ein 'Verschmelzen' mit ihrer Tätigkeit als starke belohnende Emotionen erfahren.

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