Sonntag, 3. Juni 2012

Rheinsteigwanderung von Östrich über Kloster Eberbach und Kiedrich nach Eltville

Kloster Eberbach
Diese großartige Rheinsteigetappe verdient bessere Wetterbedingungen! Leichter Dauerregen am Morgen hält uns nicht vom Start der Etappe ab. Ab Mittag soll der Regen nachlassen und in gelegentliche Schauer übergehen. Damit können wir uns arrangieren. Als erprobte Schottlandreisende sind wir wetterfest und verfügen zudem über hochwertige Regenkleidung, die wir bei Bedarf einsetzen können.
Am Vormittag setzt der leichte Dauerregen mitunter für einige Sekunden aus, um anschließend für mehrere Minuten das Versäumte umso kräftiger nachzuholen. Bis zum Kloster Eberbach bleiben die Bedingungen weitgehend konstant und erlauben mitunter sogar Fotos. Doch dann setzt sich das Wetter über alle Prognosen hinweg und öffnet für Stunden seine Schleusen. Dieser Steigerung ist unsere Regenschutz nicht gewachsen, er wird überflüssig. Nass bis auf die Haut treffen wir in Eltville ein, wo sich gerade der Zug in Bewegung setzt, der uns nach Östrich bringen könnte. Triefend und frierend warten wir eine Stunde auf den nächsten Zug. Die Anschaffung eines Ponchos ist beschlossen. Der sieht zwar ziemlich doof aus, ist aber praktisch.

Garten der ehemaligen Lohmühle im Gottesthal
Pförtnerhaus des ehemaligen Klosters Gottesthal
Auf dem Weg von Östrich zum Rheinsteig begegnen wir den Resten des ehemaligen Klosters 'Gottesthal', von dem nur noch das Pfortenhäuschen erhalten ist. Das Kloster wurde Mitte des 12. Jahrhunderts gegründet und war vermutlich ab 1251 von Zisterzienserinnen bewirtschaftet. Nach Aufhebung des Klosters im Jahr 1811 wurde der Klosterbesitz verstreut und die Gebäude bis auf das Pfortenhaus abgebrochen. Die Steine sollen als Straßenpflaster in Winkel verwendet worden sein. Im Gebiet des ehemaligen Klosters liegt die historische Lohmühle. Der Name verweist auf eine ehemalige Nutzung zum Mahlen von Eichenlohe, die sich aus Rinden, Blättern und Holzstücken zusammensetzte und wegen ihres Gerbstoffreichtums zum Gerben von Leder verwendet wurde.

Kloster Eberbach
Die Rheinsteigetappe führt durch abwechslungsreiche landschaftliche Formationen und gefällt uns außerodentlich gut. Permanenter leichter Regen begleitet uns bis zum Kloster Eberbach und verhindert nicht nur weitere Fotos, sondern lässt auch die Weinprobierstände auf dem Flötenweg buchstäblich ins Wasser fallen. Unser Weg führt mit einem steilen Abstieg in ein bewaldetes Tal, durch das ein Bach fließt, der zunächst Kisselbach und weiter südlich Eberbach heißt. Wir stehen vor dem Kloster Eberbach uns sind überwältigt. Ehe wir unseren Weg auf dem Rheinsteig fortsetzen, stärken wir uns im Bistro des Klosters und schauen uns anschließend auf einem Rundgang die Klosteranlage an.






Kloster Eberbach
Trotz des Regens funkelt der Komplex des Klosters Eberbach als ein kulturelles Juwel, das allein schon eine Reise in den Rheingau rechtfertigt. Die Ursprünge des Klosters werden auf das Jahr 1136 datiert, in dem Bernhard von Clairvaux die Errichtung dieses Zisterzienserklosters beauftragte. Das Kloster entwickelte sich schon bald zu einem der größten und bedeutendsten Klöster Deutschlands, von dem weitere Neugründungen ausgingen. In seiner Blütezeit verdankte das Kloster dem Weinbau großen Wohlstand. Mit über 300 ha Anbaufläche besaß Kloster Eberbach das größte Weingut des europäischen Mittelalters. Auf selbst gebauten Schiffen und mit einer von Laienbrüdern betriebenen Rheinschifffahrt verfrachtete das Kloster Wein und Salz bis nach Köln. In seiner mehr als 875 Jahre währenden wechselvollen Geschichte setzte im 18. Jahrhundert der Niedergang des Klosters ein. Nach der Säkularisierung wurden Gebäude teilweise abgetragen. Ab dem 19. Jahrhundert waren Teile der Anlage Strafgefängnis, Irrenanstalt, Militärgenesungsheim und landwirtschaflicher Betrieb.


Basilika im Kloster Eberbach
Moderne Skulptur im Klostergarten
1985 war das Kloster Drehort für die Innenaufnahmen zum Film "Der Name der Rose" nach dem Roman von Umberto Eco. 1986 begann eine umfassende Generalsanierung, mit der eine Entwicklung neuer Nutzungskonzepte einsetzte. 1998 wurde das Kloster in eine gemeinnützige Stiftung umgewandelt. Inzwischen umfasst der Komplex neben dem Sitz der 'Hessischen Staatsweingüter' mit Weinkellern und Vinothek weitere Einrichtungen wie Museum, Klosterladen, Gastronomiebetrieb und Veranstaltungsräume.


Motiv im Garten von Kloster Eberbach
Zum 875. Jahrestag des Gründungskonvents wurde am 23.05.2011 die Klosterkirche erneut geweiht. Das renommierte Rheingau Musik Festival lädt alljährlich zu mehreren Spielstätten in das Kloster ein. Über das ganze Jahr finden zahlreiche Veranstaltungen und Führungen statt.
Baustellen gibt es noch immer im Gelände des Klosterkomplexes. Im Jahr 2014 soll die Generalsanierung abgeschlossen werden. Aktuell wird vor allem noch an den Außenanlagen gearbeitet, die aber bereits jetzt schon sehr attraktiv sind. Moderne Objekte in den Außenanlagen machen deutlich, dass dieser Kulturraum nicht ausschließlich der Bewahrung des kulturellen Erbes dient, sondern sich auch zeitgenössischer Kultur öffnet und diese in einen historischen Kontext stellt.
Link: Wikipedia-Artikel Kloster Eberbach     Link: Webseite Kloster Eberbach


Auf dem Weg zwischen Kloster Eberbach und Kiedrich steigert sich der leichte Dauerregen zu einem starken Dauerregen. Wir durchqueren den äußerst sehenswerten Ortskern von Kiedrich ohne Aufenthalt und hoffen vergeblich, den Weg zu finden, auf dem wir durch die Weinberge zurück nach Östrich gehen wollen. Unter diesen Bedingungen schlagen wir den nicht viel kürzeren Weg nach Eltville ein, um von dort mit dem Zug nach Östrich zu fahren. Ortsunkundigen wird das Finden des Bahnhofs nicht leicht gemacht. Bei der Ankunft verstehen wir auch, warum das so ist. Der Bahnhof ist ein widerlicher, stinkender Schandfleck. Dort dürfen wir völlig durchnässt und frierend eine geschlagene Stunde verweilen. Ein Zug setzt sich nämlich just in dem Moment in Bewegung, als wie den Bahnsteig erreichen. Positiv erwähnenswert ist der Fahrpreis von 2,10 €.


Nachtrag vom 4.06.2012
Einfahrt zum Kloster Eberbach
Am Morgen unserer Abreise scheint zeitweilig die Sonne. Vor der Rückreise fahren wir noch einmal zum Kloster Eberbach und nach Kiedrich, um nicht nur verregnete Eindrücke mitnehmen.












Domäne Steinberg
Zu den den Hessischen Staatsweingütern Kloster Eberbach gehört die unterhalb des Klosters liegende Domaine Steinberg. Mit 37,2 ha ist der  Steinberg die größte Einzellage im Rheingau. Die Lage ist ausschließlich mit Rieslingreben bepflanzt und ermöglicht Weine von Spitzenqualität. Der Steinberg ist rundum von einer Natursteinmauer umgeben, die ehemals Zisterziensermönche gesetzt haben.


Wallfahrtskapelle St. Michael in Kiedrich
St. Valentinus in Kiedrich
Bei der Ankunft in Kiedrich setzt bereits wieder leichter Regen ein. Wir beschränken unsere Besichtigung auf das gotische Kirchenareal im Ortszentrum und werfen noch einen Blick auf das benachbarte, weltweit renommierte Weingut Robert Weil.









Weingut Robert Weil in Kiedrich


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