Sonntag, 27. Mai 2012

Rheinsteigwanderung von Bonn-Beuel nach Königswinter

Ausblick vom Kuckstein
Heute holen wir die Start-Etappe nach, gestatten uns aber eine kleine Abweichung. Da wir mit dem Zug auf kürzestem Weg von Königswinter zum Startpunkt zurückkehren möchten, parken wir unser Auto nicht am linksrheinischen Hauptbahnhof Bonn, sondern am Bahnhof Beuel auf der rechten Rheinseite, von dem wir dann auch starten. Das Rheinufer erreichen wir nach etwa 10 Minuten und treffen dort auf den Rheinsteig, dem wir vorerst folgen.









Brückenmännchen am Beueler Rheinufer
Kurz nach Erreichen des Rheinufers grüßt eine Replik des  'Bröckemännsche' mit nackten Tatsachen in Richtung Bonn. Das zerstörte Original streckte seinen Hintern zur Beueler Seite. Eigentlich ist es egal, in welche Richtung der Hintern zeigt. Unabhängig von der Richtung symbolisiert er die traditionellen Zwistigkeiten zwischen Bonn und Beuel, die noch immer liebevoll kultiviert werden.
Plakate machen darauf aufmerksam, dass am 10.06.2012 der Bonn-Triathlon ausgetragen wird. Bei diesem Lang-Triathlon sind zum Beginn des Wettbewerbes 3,8 km schwimmend im Rhein von Niederdollendorf flußabwärts nach Bonn zurückzulegen. Andere Hinweise warnen eindringlich vor dem vermeintlich 'lebensgefährlichen' Baden im Rhein. Wenn man diese Hinweise ernst nähme, ließe sich der Triathlon-Wettbewerb als Versuch einer Massenexekution von Triathleten verstehen. Selbstverständlich ist das Baden im Rhein nicht risikolos. Ein Thriathlon ist auch nicht risikolos. Das gesamte Leben steckt voller Risiken. Etwas mehr Sachlichkeit wäre glaubwürdiger und damit auch wirkungsvoller.





Foveaux-Häuschen oberhalb von Ramersdorf
Nach einem kräftigen Anstieg erreichen wir auf der Höhe des Siebengebirges einen Rastplatz mit dem klassizistischen Foveaux-Häuschen, das der Kölner Tabakfabrikant Heinrich Josef Foveaux 1820 errichten ließ. Ab hier ist unsere Route besonders gut markiert. Wir bewegen uns nämlich auf der präparierten Strecke des 'Rheinsteig-Extremlaufs', der am Morgen in Ramersdorf gestartet worden ist. Das Ziel liegt nach 34 km und 1.200 m Höhenmetern in Grafenwerth.
Zu unseren wilden Zeiten, denen wir noch immer nachtrauern, gab es diesen Lauf noch nicht. Landschaftsläufe im Thüringer Wald, auf der Schwäbischen Alb, in der Eifel, im Siebengebirge und nicht zuletzt auch in Großbritannien und in Südafrika gehörten über viele Jahre zu unseren Lieblingsstrecken. Der 'Rheinsteig-Extremlauf' hätte uns mit Sicherheit angelockt.




Blick über einen Weinberg auf Oberdollendorf und Rheintal
Nach etwas mehr als 2 Stunden Gehzeit lädt eine Bank am Rand eines Weinberges zu einer Picknick-Pause ein. Wir verzehren unsere Pausenbrote, während wir auf Oberdollendorf und das Weingut Sülz blicken. In dem schönen Garten des Weingutes haben wir bereits einige Male gesessen. Der Versuchung eines Abstiegs nach Oberdollendorf widerstehen wir nach kurzem inneren Kampf, weil unsere Wanderung mit ziemlicher Sicherheit dort geendet wäre.
Wir ziehen statt dessen weiter in Richtung Petersberg. Die Ruine des ehemaligen Zisterzienserklosters Heisterberg hätten wir gerne besichtigt, gehen jedoch an ihr vorbei, weil wir die Mauer vor der Klosteranlage mit dem davor liegenden Parkplatz irrtümlich der Hotelanlage auf dem Petersberg zugeordnet haben. Auf den Petersberg führt ein kräftiger Anstieg, dem ohne Aufenthalt ein ebenso kräftiger Abstieg folgt. Den Rheinsteig müssen wir jetzt verlassen, um den Bahnhof von Königswinter zu erreichen. Wir handeln uns einen Umweg von ca. 2 km ein, weil wir erneut die Beschilderung missverstehen.

Den Ort Königswinter halten wir nicht für besuchenswert und eilen darum auf nunmehr kürzestem Weg zum Bahnhof, den wir nach 4:30 Stunden Gehzeit erreichen. Unser Zug setzt sich 'vor unserer Nase' in Bewegung, was uns Gelegenheit gibt, die Geheimnisse des Fahrkartenkaufs an einem Automaten der Deutschen Bahn zu erforschen. Dieses Projekt geht in die Hose. Der einzige Automat ist nämlich so defekt wie die widerliche Umgebung dieses Bahnhofs mit einer erneut stinkenden Unterführung, die wir selbst bei Tageslicht nur äußerst widerwillig passieren. Das Ambiente erlaubt tiefe Einsichten auf das Verständnis von Kunden-Lieferanten-Beziehungen. In solchen Umgebungen erleben sich Kunden als vermeidbare Übel. Wen wundert es, wenn sich ihr Verhalten solchen entwürdigenden Zuständen anpasst? Wir befinden uns inmitten des oft zitierten Bildes der 'Service-Wüste Deutschland'.

Erfreulich ist, dass wir auf den nächsten Zug lediglich 30 Minuten warten müssen, der Zug pünktlich einläuft und viele freie Sitzplätze bietet. Transportiert werden wir kostenlos. Ein Zugbegleiter hat sich nämlich nicht blicken lassen. Der Zug endet wegen Gleisbauarbeiten bei Troisdorf im Bahnhof Beuel, der recht aufgeräumt wirkt. Testreisende des angekündigten Schienenersatzverkehrs hätten wir heute nicht mehr spielen wollen. Zum Glück wartet unser Auto vor dem Bahnhof auf einem legalen und trotzdem kostenlosen Parkplatz auf uns.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen