Samstag, 26. Mai 2012

Rheinsteigwanderung von Bad Honnef nach Linz am Rhein

Blick vom Leyberg (Siebengebirge, 359 m) auf das Rheintal
Unser Wanderprojekt am Rheinsteig starten wir auf dem als 2. Etappe ausgewiesenen Abschnitt in Bad Honnef. Das Auto parken wir am Bahnhof von Bad Honnef, weil wir für den Rückweg einen Zug nehmen wollen.
Wie so oft in Deutschland ist auch die Bahnhofsgegend von Bad Honnef ziemlich unattraktiv. Auf dem Weg zum Siebengebirge ändern sich schon bald der Charakter des Ortes und der Landschaft zu ihrem Vorteil. Vor uns liegt eine waldreiche Strecke des Siebengebirges, deren schattige Wege wir zu schätzen wissen. Am Morgen starten wir bei einer angenehmen Temperatur von 18 Grad, die aber bald bis auf fast 30 Grad steigt. Die profilierte Strecke bereitet uns keine Probleme. Nach den noch nicht lange zurückliegenden heißen Tagen im Südwesten der USA sind wir offensichtlich hitzefester als üblich und auch bereits eingegangen.



Auf dem Gipfel des Leybergs, 359 m, im Siebengebirge
In Bad Honnef verlassen wir zunächst den Rheinsteig und nehmen eine Abkürzung über den Rheinhöhenweg. Die Markierungen sind schon älter und auch lückenhaft oder haben sich vielleicht auch mitunter unsichtbar gemacht. Unterhalb des Leybergs gönnen wir uns erst einmal ein kleines Picknick, ehe wir auf Leyberg steigen. Der Rheinsteig führt zwar nicht über den Vulkanrücken des Leybergs, der auch nicht zu den großen 7 Bergen des Siebengebirges zählt, aber immerhin einer der höheren Gipfel ist und darum eine gute Aussicht bietet. Den Umweg nehmen wir für die Aussicht in Kauf. Der Anstieg auf den Gipfel übersteigt die typischen Anforderungen eines Wanderweges, was wir nur begrüßen können. Wie möchten schließlich unsere Fitness im Hinblick auf den bald anstehenden Aufenthalt in den südtiroler Alpen verbessern.



Ermahnung an einer Schutzhütte
Kapelle 'Auge Gottes'
Das nächste Zwischenziel ist die Kapelle 'Auge Gottes'. Als 'Auge der Vorsehung' tritt dieses Symbol christlicher Ikonographie seit der Zeit des Barocks auf, ist aber keine Erfindung des Barocks, sondern lässt sich zurück verfolgen zum Hinduismus, Zorastrismus (eine von Zarathustra gestiftete Religion Alt-Persiens) und zur frühen ägyptischen Mythologie.
Das 'Auge Gottes' scheint keine große Wirkung zu entfalten. Anders lässt sich die ermahnende Fürbitte in unmittelbarer Nähe der Kapelle nicht verstehen.







 
Tafel bei Bruchhausen
Bei Bruchhausen treffen wir auf Relikte des 2. Weltkrieges, Überreste einer Abschussrampe für Raketen mit Sprengköpfen vom Typ V1. Von hier sollten gegen Ende des Krieges Ziele an der Kanalküste angegriffen werden. Glücklicherweise konnte die Rampe nicht mehr fertiggestellt und in Betrieb genommen werden.











Wallfahrtskriche St. Johannes Baptist in Bruchhausen
Ein historisches Kleinod ist eine Wallfahrtskriche in Bruchhausen, die 1230 ursprünglich im Stil einer römischen Basilika erbaut worden ist. Umbau und Erweiterung im Jahr 1500 gaben der Kirche die heutige Gestalt. Im Eingangsbereich der Kirche hängt ein bemerkenswertes barockes Gemälde mit Darstellung eines Totentanzes. Das Bild ist jedoch so angebracht, dass fast nichts zu erkennen ist. Nur das Wissen um dieses Gemälde lässt seine Gegenwart erahnen. 'Eine Kirche ist schließlich kein Museum, sondern ein Haus des Gebetes', erinnert sinngemäß ein Hinweis an der Eingangspforte. Dieses Programm ist überzeugend umgesetzt. Chapeau!
Von größerer Bedeutung ist der Sachverhalt, südlich von Bad Honnef nicht nur die unsichtbare Grenze zwischen Nordrhein-Westafeln und Rheinland-Pfalz zu überschreiten, sondern auch das Siebengebirge zu verlassen und den 'Naturpark Rhein-Westerwald' zu erreichen.


Gasthof 'Bergesruh' am Erpeler Lex
Am Erpeler Ley-Plateau hat der Gasthof 'Bergesruh' eine konkurrenzlose Lage. Wir sind schon einige Stunden unterwegs und begrüßen daher diese Möglichkeit zur Einkehr. An den Nebentischen rastet ein Harley-Club aus Oberhausen im Ruhrgebiet. Die coolen und überwiegend stark tätowierten Jungs, von denen uns keiner jünger als wir zu sein scheint, die aber vermutlich viel älter aussehen, als sie tatsächlich sind, haben vielleicht noch etwas gutzumachen vom letzten Vatertag. Jedenfalls sind sie heute mit ihren Ladies unterwegs, die ebenfalls ihre besten Tage lange hinter sich haben. Die Konversation der Harley-Fans ist laut, derb, flach, sehr lustig und von viel Zigarettenqualm vernebelt. Gut, dass wir keine Harley fahren.
Der Name des Gasthofes erscheint uns deplaziert, was nicht weiter beeindrucken würde, wenn nicht auch das Angebot der Speisekarte und die Küchenleistung des Hauses enttäuschend wären. Trotz der herausragenden Lage hätten wir uns etwas mehr Engagement gewünscht.


Rheintal nach Südwesten von der Erpeler Ley
Rheintal nach Nordwesten von der Erpeler Ley
Wieder versöhnlich stimmt uns die Aussicht vom Felsen der Erpeler Ley, die weit über das Rheintal und in die eifeler Landschaft im Westen reicht.










Historischer Marktplatz in Linz
Nach fast fünfstündiger Wanderung (netto) treffen wir in Linz ein. Das Städtchen ist sehr ansehnlich, aber auch sehr überlaufen. Auf einer kleinen Runde durch die hübsche historische Altstadt beeindruckt ein eher fragwürdiges gastronomisches Angebot, das überwiegend als 'Fast Food in historisiertem Ambiente' bezeichnet werden könnte. Dieser Sachverhalt erlaubt natürlich auch Rückschlüsse auf das Publikum, das uns aber jetzt nicht beschäftigt. Wir streben dem Bahnhof entgegen, den wir trotz Wanderkarte und einigen Hinweisen nur auf etwas verschlungenen Wegen erreichen. Der ursprüngliche Bahnhof versteckt sich etwas verschämt in einer wenig einladenden Gewerbezone am Ortsrand von Linz und erweist sich als eine überdachte Haltestelle. Das ehemalige Bahnhofsgebäude ist zu einem Gastronomiebetrieb umfunktioniert, dem in diesem Umfeld keine große Zukunft winkt.
Die Fahrkarte müssen wir an einem Fahrkartenautomaten erstehen. In der Vergangheit sind wir regelmäßig an Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahnen gescheitert. Inzwischen scheint die Bedienung verbessert worden zu sein. Es gelingt uns nämlich, dem Automaten zwei Fahrkarten zu entlocken. Um den Bahnsteig zu erreichen, müssen wir noch eine gruselige Unterführung bewältigen, wie sie anscheinend zum Standardrepertoire deutscher Kleinstadtbahnhöfe gehören. Dann rollt auch schon der Regionalzug pünktlich heran.

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