Dienstag, 14. Februar 2012

Winterwanderung am Kap Arkona

Ostseeküste bei Vitt mit Kap Arkona und Peilturm
Unser Kurzaufenthalt im Strandhotel Dranske verschlägt uns auf die Halbinsel Wittow, auf der wir uns heute umschauen und dabei natürlich auch eine Strecke wandern wollen. Link zum Post über Dranske
Unsere Wanderroute führt uns von der Ortschaft Putgarden zum historischen Fischerort Vitt und von dort oberhalb der Steilküste zum Kap Arkona. Vor etwa 10 Jahren waren wir schon einmal in der Sommersaison am Kap Arkona und erinnern uns an den abschreckenden Touristenstrom, in dem wir uns nur ungerne bewegt haben. Heute erwartet uns das gegenteilige Extrem. Wir sind fast alleine unterwegs und Einrichtungen der touristischen Infrastruktur sind nahezu vollständig geschlossen.
Neben dem Kap Arkona gibt es auf Wittow selbstverständlich weitere Sehenswürdigkeiten, von denen wir heute einige aufsuchen wollen, obwohl das Wetter nicht unbedingt zu ausgedehnten Exkursionen einlädt.



Gasthaus Schifferkrug bei Kuhle
Auf dem Weg nach Putgarden passieren wir bald das Gasthaus 'Schifferkrug', das seit dem Jahr 1455 betrieben wird und damit als das älteste Gasthaus Rügens gilt. Wir kommen gerade von einem reichhaltigen Frühstück im Strandhotel Dranske und halten daher lediglich für ein Foto.     










Großsteingrab 'Riesenberg' mit Wächtersteine
Auf etwa halbem Weg zwischen Altenkirchen und Putgarden liegt das nur aus wenigen Häusern bestehende Dorf Nobbin, in dessen Nähe wir das Großsteingrab 'Riesenberg' einer Landschaft zu finden hoffen, die mit dem Auto nicht zugänglich ist. Ausgestattet mit einer guten Wanderkarte begeben wir uns auf einen Fußweg von etwa 1/2 km. Nachdem wir einige Schneeverwehungen überwunden haben, stehen wir tatsächlich vor der Grabanlage mit ihren beiden mächtigen Wächtersteinen, die ca. 3 m aufragen.







Randsteine des Großsteingrabs 'Riesenberg' bei Nobbin
Die beiden Grabkammern der eigentlichen Dolmen sind nur zu erahnen. Wir schauen vor allem auf die trapezförmige Einfassung der Anlage, deren 39 noch erhaltene Randsteine (von ehemals 53) sich über eine Länge von 35 m und eine Breite von 8 - 11 m verteilen. Damit gilt diese jungsteinzeitliche Grabanlage als eine der größten in Norddeutschland. Bei archeologischen Untersuchungen wurden im Jahr 1970 einige Funde entdeckt, die darauf schließen lassen, dass  die Grabanlage über mehrere tausend Jahre genutzt wurde. Unsicher ist, ob es sich hier lediglich um ein Kollektivgrab einer bäuerlichen Gemeinschaft handelt, oder die Anlage auch ein Zentrum komplexer Kulte bildete.





Dorfstraße des Fischerdorfes Vitt
In Putgarden stellen wir das Auto ab, um zunächst zu dem historischen Fischerort Vitt zu gegehen, das für den öffentlichen Autoverkehr gesperrt ist. Das inzwischen denkmalgeschützte Dorf soll laut den Berichten des dänischen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus im 10. Jahrhundert als Fischer- und Handelshafen zur slawischen Jaromarsburg am Kap Arkona gehört haben. Die erste urkundliche Erwähnung geht auf das Jahr 1290 zurück. Das Dorf lebt heute vom Tourismus und das offenbar recht gut, wie die schmucken Häuser vermuten lassen. Touristen werden jedoch heute nicht erwartet. Das Dorf wirkt wie ausgestorben. Die beabsichtigte Einkehr müssen wir verschieben.





Bootssteg beim Fischerdorf Vitt
Vom kleinen Hafen des Dorfes Vitt werden in der Saison Bootsfahrten um das Kap Arkona angeboten. Die Boote sind während der Frostperiode an Land gebracht worden. Das Eis am Ufer der Ostsee und auf dem Bootssteg lässt die frostigen Temperaturen erahnen.










Kreidefelsen am Kap Arkona mit Peilturm

In ca. 1,5 km Entfernung von der Küste bei Vitt sind die Kreidefelsen am Kap Arkona zu erkennen. Das Meer knabbert ständig an dem weichen Stein. Pro Jahrhundert werden 10 - 20 Landabbrüche verzeichnet. Bei dem letzten Landabbruch im Dezember 2011 kam ein Kind ums Leben, als die Familie bei einem Spaziergang unterhalb der Felsen von dem Abbruch überrascht wurde. 
Etwas versetzt ist im Hinterland der sanierte Peilturm zu erkennen, der heute als Kunstmuseum und als Atelier genutzt wird. Ursprünglich wurde der Turm 1927 als Marinepeilturm erbaut und diente als Seefunkfeuer.






"Kunst" im Hafen von Vitt
In Vitt scheint ein "Künstler" zu leben, dessen Werke im Hafen uns spontan an Lorenz Kuntner erinnern, dem wir in Prad, Südtirol, begegnet sind.
Link zum Post über Lorenz Kuntner in Prad 











Peilturm am Kap Arkona
Von Vitt gehen wir auf einem oft vereisten Weg oberhalb der Steilküste in Richtung Kap Arkona. Der Peilturm dient uns als Wegmarke. Hinter dem Peilturm sind die Reste des Burgwalls der ehemaligen Jaromarsburg zu erkennen. Vom 6. bis zum 12. Jahrhundert befand sich hier eine Tempelburg als zentrale Kultstätte des slawischen Stamms der Ranen. Die Kultstätte war dem Hauptgott 'Svantovit' gewidmet und wurde als Orakelanlage betrieben. Unter Führung ihres Königs Waldemar I. unterwarfen dänische Truppen die Ranen, zerstörten die Kultstätte und leiteten die Christianisierung in Pommern ein. 

Svantovit-Statue an der Jaromarsburg
Info-Tafel an der Jaromarsburg
Die Reste der ehemaligen Jaromarsburg hätten wir gerne besichtigt, die Anlage ist jedoch angeblich aus "Sicherheitsgründen" geschlossen. Wir vermuten dagegen, dass wegen der wenigen Touristen die Aufrechterhaltung der Infrastruktur für Kasse, Führungen und Aufsicht unrentabel wäre und darum vollständig gestrichen wurde. Zwangsläufig müssen wir uns mit den wenigen Außeneindrücken und einem Blick auf die neuzeitliche Svantovit-Statue  begnügen.



Leuchttürme am Kap Arkon
Der kleinere der beiden Leuchttürme ist als 'Schinkelturm' bekannt, weil er 1826/27 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel in Backsteinbauweise erbaut und 1828 in Betrieb genommen wurde. Er ist 19,3 m hoch und hat eine Feuerhöhe von 60 m über NN. Die Räume des dreigeschossigen Turms wurden als Dienst- und Lagerräume genutzt. Der Schinkeltum ist nach dem Travemünder Leuchtturm der zweitälteste Leuchtturm an der deutschen Ostseeküste. 1902 wurde ein neuer Leuchtturm mit einer Höhe von 35 m erstellt und der Schinkelturm am 31. März 1905 außer Dienst gestellt.
Alle drei Türme (inkl. Peilturm) wurden Anfang der 1990er Jahre saniert und sind für Besucher zur Besichtigung geöffnet. Im alten Leuchtturm befindet sich heute ein Museum und eine Außenstelle des Standesamtes. Hier geschlossene Ehen werden auf Wunsch und gegen Gebühr durch eine kleine Tafel im Boden vor dem Turm verewigt. Auf jedem Turm befindet sich eine Aussichtsplattform, von der bei günstigem Wetter ein weiter Blick über Rügen und insbesondere die Halbinsel Wittow möglich ist. Bei klarem Wetter reicht der Blick bis zur dänischen Insel Møn. Heute gibt es jedoch keinen Fernblick. In der Nähe der Leuchttürme ist sogar ein Kiosk geöffnet, in dem wir uns mit einem Glühwein aufwärmen können, bevor wir zurück nach Putgarden gehen.


Dorfkirche von Altenkirchen
Auf der Rückfahrt nach Dranske stoppen wir in Altenkirchen, um unsere Eindrücke von der alten Dorfkirche noch einmal aufzufrischen. Im Oktober haben wir mit Angie und Richard die zweitälteste Kirche Rügens bei spätsommerlichem Wetter besichtigt und waren ausgesprochen überrascht von den spannenden Begegnungen mit Rügens Frühgeschichte.
Link zum Post vom 21. Oktober 2011








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