Mittwoch, 3. August 2011

Kulinarische Wanderungen an Obermosel und Saar

Den neuen Lebensabschnitt des beruflichen Ruhestands wollen wir mit einem besonderen  Auftakt würdigen. Ein auch preislich attraktives Arrangement motiviert uns zu einer Genußreise an die Obermosel. Christian Bau, seit 2005 mit 3 Michelinsternen dekoriert, lädt zu einer "Voyage Culinaire" in Victor's Gourmet-Restaurant in Schloss Berg ein. Mit Rücksicht auf die nach einer kulinarischen Reise stark eingeschänkte Reisefähigkeit finden wir das Bett in einem der 16 Hotelzimmer des Renaissance-Schlößchens bereitet.
Einen weiteren Genuß versprechen wir uns von der Landschaft des Dreiländerecks an Obermosel und Saar, in dem sich Deutschland, Frankreich und Luxemburg treffen. Diesen für uns noch unbekannten Zipfel Europas möchten wir kennenlernen, weshalb wir bereits am Morgen anreisen.



In Anbetracht der unsicheren Wetterlage, die heftige Regenschauer mit Gewittern in Aussicht stellt, vertagen wir eine größere Wanderung auf den nächsten Tag und wählen statt dessen mehrere kleine Besichtigungstouren, die wir in Saarburg starten.

Saarburg
Saarburg entpuppt sich als ein von Weinbergen umgebenes romantisches Städtchen mit mehr als 1.000jähriger Geschichte, die in dem alten Ortskern lebendig gehalten wird. Die Altstadt wird nicht nur wegen ihrer Wasserläufe als "Klein-Venedig" bezeichnet, sondern vor allem aufgrund der in den Untergrund getriebenen Eichenbohlen, die die Gebäudefundamente tragen. 





















Das Zentrum des Ortes teilt die Schlucht des Leukbachs, der über einen spektakulären Wasserfall 20 m in die Tiefe stürzt, ehe er das Wasserrad einer alten Mühle antreibt und kurz darauf in die Saar mündet. Auf beiden Seiten des Bachs locken etliche Restaurants und Cafés mit ihren am Bach platzierten Tischen die zahlreichen Touristen zur Einkehr. Auch wir finden einen schönen Platz an einem der Tische, um uns nach der hungrig machenden Bewegungsarmut erst einmal zu stärken.




Oberhalb des Ortskerns liegt die Ruine der Saarburg, die mit einem kurzen Spazierweg erreicht wird. Graf Siegfried von Luxemburg hat 964 den Berg erworben und die Burg errichten lassen. Nach wechselvoller Geschichte mit Belagerungen und Eroberungen durch Franzosen, Spanier und Raubritter, mit denen mehrere Zerstörungen und Wiederaufbauten verbunden sind, erwirbt die Stadt 1860 die Burg, um sie vor weiterem Verfall zu bewahren.










Perl und Schengen
Nach diesem Ausflug in die Geschichte reisen wir weiter zum Ort Perl, ab dem wir ursprünglich unsere Wanderung starten wollten. Die Ortschaft ist trotz einiger barocker Spuren nicht besonders attraktiv.
Obwohl unser Wanderweg ein Abschnitt des Moselhöhenwegs ist, finden wir den Weg nur mit Mühe. Wir begnügen uns mit einer kurzen Wanderung, auf der wir die Grenze nach Frankreich völlig unspektakulär überschreiten würden, wenn wir nicht laufend mit "bon jour" gegrüßt würden.









Unweit von Perl treffen wir auf Spuren der jüngeren europäischen Geschichte. Auf der gegenüberliegenden luxemburgischen Seite der Mosel befindet sich nämlich die kleine Ortschaft Schengen, die sich ausgesprochen "europäisch" darstellt.












In der Nähe dieses Ortes haben fünf EU-Mitgliedstaaten am 14.06.1985 auf einem Moselschiff das "Schengener Abkommen" unterzeichnetet, das den Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen und die Einführung des freien Personen- und Warenverkehrs vorsieht. Eine unscheinbare Stele erinnert an dieses denkwürdige Ereignis, dessen Auswirkungen sich für uns in der Realität zu einer Selbstverständlichkeit entwickelt haben, an deren Ursprünge uns nur noch die Hinweise am Zoll von Flughäfen regelmäßig erinnern.

Schloß Berg

Das hübsche Schloss verbirgt mit seiner historischen Fassade eine größere Hotelanlage in einem separaten Gebäude sowie ein an das Schloss angebautes Spielcasino. Möglicherweise subventioniert diese für uns unattraktive Infrastruktur die Preisgestaltung für Arrangements, die uns attraktiv erscheinen, weshalb wir nicht weiter meckern wollen, wenn die Prozesse des Ein- und Ausscheckens mehr Reibung offenbaren, als in Häusern dieses Anspruchs zu erwarten ist.
Wir haben das Glück, nicht im modernen Teil des Komplexes zu wohnen, sondern in einem von 16 Zimmern des Renaissance-Schlosses zu nächtigen, unmittelbar über dem Restaurant. Die Unterbringung in den hochwertig ausgestatteten Räumen ist fürstlich. Aus dem Fenster blicken wir weit über das Land. Geschlafen haben wir in dieser Umgebung sehr gut, allerdings nur bis um 7:00 Uhr der Baulärm vor dem Schloss einsetzte.



















Das Kernprogramm entschädigt jedoch reichlich für die kleinen Schwächen der Hotelorganisation. In unserem mit Antiquitäten eingerichteten Zimmer fühlen wir uns sogleich in hochwertige spanische Paradores versetzt. Aber das ist nur ein Vorspiel. Das Restaurant des Schlosshotels öffnet Pforten, die gemäß Vorstellungen des Altertums hinter dem siebten Himmel liegen, wo die die materielle Welt endet und nur noch die unsichtbare geistige Welt der Phantasie, Wünsche und Träume existiert. Küche und Service bieten ein Erlebnis auf höchstem Niveau, das uns erfahren lässt, wie aus Handwerk eine himmlische Kunst entsteht, die man nur selbst erleben kann und das auch noch zu einem Preis, der weit weniger exklusiv ist, als eigentlich zu erwarten wäre. Allein dieses Erlebnis rechtfertigt bereits die Reise. In dieser Hinsicht wissen wir uns vom Guide Michelin bestätigt. Insgesamt ist jedoch der kulinarische Teil unserer Reise eine andere Story. 

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