Freitag, 30. Juli 2004

TMR 2004: Königsetappe über den Turlopass


Etappe 5, Freitag, 30.07.2004: Monte-Moro-Pass - Macunaga, 1.220 m - Valle Quarazza - Turlopass, 2.783 m - Alagna Valsesia, 1.575 m

Länge:                                      19 km
Gehzeit lt. Beschreibung:         7 Std. (7:30 Std. lt. Beschilderung in Macunaga Staffa)
Tatsächliche Gehzeit:               7:10 Std. (7:30 Std. inkl. Pausen)
Unterkunft:                                Rifugio Pastore

Das Frühstück ist typisch italienisch, also ziemlich spartanisch und daher nicht unbedingt die richtige Vorbereitung auf die schwere Etappe. In der Welt der Radrennfahrer würde diese lange Etappe mit 1.550m Anstieg und 1.200m Abstieg wahrscheinlich als "Königsetappe" gelten. Unter diesen Bedingungen ist es klug, die 1.500 m Abstieg vom Monte Moro Pass nach Macunaga zu vermeiden und statt dessen die Seilbahn nach Macunaga Staffa zu nehmen. Die erste Seilbahn verkehrt leider erst ab 8:30 Uhr, so dass wir erst kurz nach 9;00 Uhr in Macunaga sind. Gisa und Karl haben es eilig und verabschieden sich bald von Lisa und Katrin, deren Bus erst gegen Mittag abfährt. In Macunaga muss zunächst noch in einem Alimentari der Wasservorrat ergänzt werden, aber die Kapazität hat aus Gewichtsgründen natürliche Grenzen. Zum Start in die eigentliche Etappe ist es bereits 9:30 Uhr.

Gisa und Karl sind diesen Weg bereits vor 15 Jahren gegangen. Damals aber nur mit kleinem Gepäck, weil das Hauptgepäck mit dem Auto transportiert worden ist. Heute ist es deutlich beschwerlicher. Unvergessen bleibt das Gewitter, das just zu dem Zeitpunkt herangezogen ist als sie sich auf der Passhöhe befunden habe. Da es keine weiteren Schutzmöglichkeiten gab, mussten sie das Abziehen des Gewitters in ihrem Biwaksack abwarten und hoffen, von keinem Blitz getroffen zu werden.

Heute geht es zunächst längs des Anza-Baches talabwärts, bis der Weg bei Macunaga Borca in das üppig grüne Valle Quarazza Richtung Turlo abzweigt. Über Kilometer geht es entlang von Bachläufen mäßig steil bergauf. Gisa und Karl sind schnell unterwegs und laufen auf ein anderes Paar auf. Es sind Schweitzer. Sie wollen heute nur bis zu dem Notbiwak unterhalb des Passes gehen, dort biwakieren und den Rest morgen machen. Da können sie sich natürlich Zeit lassen.
Kurz unterhalb der Baumgrenze führt der Weg in steilen Serpentinen nach links in die Bergflanke. Jetzt ist es bereits sehr warm. Der Schweiß muß ersetzt werden. Der Wasservorrat ist bald erschöpft. Zum Glück gibt es immer wieder kleine Bäche und Quellen, an denen die Flaschen gefüllt werden können. Gisa und Karl gönnen sich 10 Minuten Pause. Ein Riegel Powerbar und Wasser müssen jetzt reichen. Oberhalb der Baumgrenze öffnet sich eine flach ansteigende Hochebene, durch die der Weg führt. Hier liegt auch die Biwakschachtel.


Ab der Biwakschachtel führt der Weg in vielen Serpentinen auf die  Passhöhe. Zwei weitere Wanderer werden überholt und zwei Wanderer kommen ihnen vom Paß entgegen. Es bleibt weiter sehr einsam. Unterwegs sind immer wieder Schneefelder zu queren, die aber keine Probleme bereiten. Das könnte vor zwei Wochen noch ganz anders ausgesehen haben. Gegen 14:00 Uhr stehen Gisa und Karl endlich auf der Passhöhe. Von der anderen Seite ist eine kleine Gruppe aufgestiegen und macht jetzt Pause. ngesichts der bedrohlichen Wolkenbildung beschränken Gisa und Karl ihre Pause auf 10 Minuten und brechen bald zum Abstieg in Richtung Valsesia auf.


Der typische Hochgebirgsweg führt zunächst lange durch Blockwerk und Schotterfelder, bis bei etwa 2.000 m Höhe die Baumgrenze erreicht wird. Scheinbar endlos zieht sich der Abstieg hin. Beine und Rücken reklamieren mit zunehmenden Beschwerden ihren Erholungsbedarf. Karls im Vorjahr operiertes Unfallknie verhält sich geradezu unkooperativ und droht mit Streik. Rücksichtnahme ist jetzt auf solche Empfindlichkeiten nicht möglich, und das Ziel ist noch lange nicht in Sicht. Die Markierungen werden spärlicher und sind nicht eindeutig. Falsche Entscheidungen an Abzweigen bleiben nicht aus und kosten zusätzliche 30 Minuten.

Endlich ist der wunderschöne Parco Naturale Alta Valsesia erreicht. Jetzt ist es nicht mehr weit. Gegen 17:00 Uhr ist dann auch weiter unten die Pastore-Hütte auszumachen. Die Hütte ist aus einem Aufenthalt vor 15 Jahren in allerbester Erinnerung und seit dem als eine Traumhütte verklärt. Die letzten Meter fallen nun wieder leicht und nach einer Gewalttour von 7:30 Stunden Gesamtzeit ist das Ziel erreicht.


Die Hütte hat den Charakter einer Lodge mit einem Hauptgebäude und mehreren Nebengebäuden. Zu unserer Freude stellen wir fest, dass die Hütte nur etwa zur Hälfte belegt ist und wir uns großzügig ausbreiten können. Nach Anmeldung und Zimmerbezug brauchen wir erst einmal ein schnelles Bier, ehe wir uns zum Duschen aufraffen können. Danach fühlen wir uns wieder frisch und verspüren auch bereits gewaltigen Hunger. Das Abendessen ist für 19:30 Uhr angekündigt. Bis dahin haben wir noch genug Zeit, um mit Anne B. und Anna per SMS zu kommunizieren. Um 19:20 Uhr treffen auch endlich Lisa und Kartrin mit Hund von ihrer langen Reise ein. Sie mussten in einem weiten Bogen mit mehreren Umstiegen bis in die norditalienische Po-Ebene fahren, ehe es dann über Varallo nach Alagna in das Sesiatal ging. Ab Alagna mussten sie noch eine gute Stunde zu Fuß bergauf bis zur Hütte gehen. Die beiden sind erfüllt von den Eindrücken ihrer Reise, aber sie sind auch ziemlich erschöpft. Lisa und Katrin mit Hund beziehen das freie Nachbarzimmer, und dann ist auch schon Essenszeit.

Die Küche der Pastore-Hütte genießt völlig zu Recht einen hervorragenden Ruf. Nach einer guten Karottensuppe folgt als Primo das obligatorische Pastagericht. Heute werden Penne mit einer Speck-Tomatensauce serviert. Schon leicht gesättigt, bringt uns das Secondo ins Schwitzen. Die aufgetragene Platte mit Kräuterroastbeef, Rosmarinkartoffeln und Tranchen von Spinatlasagne wäre auch für 6 Personen ausreichend. Zum Dessert werden schließlich noch Obstkuchen angeboten. Alle Gerichte sind sehr schmackhaft und so üppig dimensioniert, dass wir trotz unseres gewaltigen Hungers zuletzt kapitulieren müssen. Jetzt sind erst einmal Espresso und mehrere Grappe fällig.  

Für unseren Weg zum nächsten Etappenziel im Gabietgebiet stehen bis zum Übergang Cólle d´Olen drei Optionen zur Auswahl, über die wir entscheiden müssen:
  1. Als kürzeste Variante führt ein oft wegloser und steiler Steig über Crespi Calderini,  Alpe la Balma und Cima Cimalegna.
  2. Der einfachere Normalweg durch das Val de Pisse dürfte etwa 50 % länger sein.
  3. Der Nomalweg lässt sich abkürzen mittels Busreise nach Alagna, von wo aus ein guter Teil des Weges mit der Seilbahn zurückgelegt werden könnte.
Nachdem Lisa und Katrin mit Hund die heutige Etappe überwiegend mit dem Bus bewältigt haben und das Wetter nach wie vor großartig ist, scheidet die Abkürzungsversion 3 sofort aus. Katrin plädiert für die anspruchsvolle Variante 1, weil diese kürzer ist. Da es keine Einreden gibt, ist diese Variante beschlossen.

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