Donnerstag, 29. Juli 2004

TMR 2004: Abschied auf dem Übergang nach Italien















Etappe 4, Donnertag, 29.07.2004: Saas Fee (1.780 m) – Monte Moro Pass (2.860 m)

Länge:                                        7 km in Verbindung mi Busfahrt von Saas Fee nach Mattmark (15 km ohne Bus)
Gehzeit lt. Beschreibung:           5:50 Std. (ohne Bus)
Tatsächliche Gehzeit:                 4:30 Std. (mit Bus)
Unterkunft:                                  Rifugio Gaspare Oberto (Monte Moro Pass)

Nach den Erfahrungen der beiden ersten Tage und in Anbetracht der noch bevorstehenden Herausforderungen beginnen wir die heutige Etappe mit einer Busfahrt von Saas Fee bis zur Staumauer des Mattmark-Stausees in 2.200 m Höhe. Viel Freude bereitet uns der Busfahrer, der kundig und humorvoll die Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten an der Strecke erläutert. Kurz vor der Staumauer wird es besinnlich. Der Fahrer weist auf eine Kapelle hin, die zum Gedenken an die mehr als sechzig Lawinenopfer des Bautrupps errichtet worden ist.
 
Von der Endhaltestelle des Busses gehen wir zunächst an der rechten Seite des Stausees entlang und wandern dann noch gemeinsam ein Stück des Weges weiter in Richtung Passo Monte Moro. Kurz vor dem steileren Anstieg zum Paß legen wir noch einmal eine Pause ein. Hier werden wir uns gleich trennen. Wir vereinbaren einen täglichen Informationsaustausch per SMS. Anna übernimmt die Absage von zwei reservierten Hüttenplätzen. Anna und Karl halten eine kurze Abschiedsrede. dann kommt der traurige Moment des Abschieds. Wir umarmen uns noch einmal und gehen los, während Anna und Paul zurückbleiben. Sie schauen uns lange nach. Sie winken und schämen sich nicht ihrer Tränen. 

Die weiterziehende Karawane setzt sich aus vier Gruppenmitgliedern zusammen, die sich am wenigsten kennen. Wir sind uns sicher, dass diese Konstellation interessant ist. Ob es auch gut wird, muß sich noch erweisen. Jetzt fordert erst einmal der stellenweise recht steile und ausgesetzte Weg unsere Kraft und Aufmerksamkeit. Unterwegs queren wir einige Schneefelder, was für unseren Berghund eine neue Erfahrung ist. Er tobt ausgelassen durch den Schnee, achtet dabei aber auch stets darauf, nicht den Anschluß an die Gruppe zu verlieren.  



Der Paß markiert die Grenze zwischen Schweiz und Italien. Von weitem ist auf dem Paß die vergoldete Madonna delle Nevi zu erkennen. Die Madonna schaut natürlich nach Italien. Nach gut drei Stunden Gehzeit erreichen wir die Passhöhe, von der wir einen traumhaften Blick auf die Monte Rosa haben. 

Unser Tagesziel ist das Rifugio Oberto unmittelbar unterhalb der Paßhöhe, weil man uns in Macunaga keine Zimmer für eine Nacht vermieten wollte. Somit müssen wir morgen erst einmal mit der Seilbahn nach Macunaga fahren, ehe die lange Etappe wirklich beginnt. Aufgrund dieser Umstände werden wir ca. 2 Stunden verlieren, die sich nicht aufholen lassen. 

Die Seilbahn zum Paß verführt bei diesem schönen Wetter einige unverbesserliche Tagesauflügler mit flachen Sportschuhen in die Höhe. Auf ihren Ledersohlen versuchen die Ausflügler vergeblich, über den Schnee bis zur Passhöhe zu kommen. Am späten Nachmittag ist der Spuk vorbei. Jetzt sind wir alleine hier oben, liegen vor der Hütte in der Sonne und genießen den Blick auf die mächtige Monte Rosa-Ostwand. Hier haben Gisa und Karl vor 15 Jahren bereits gesessen! 1989 waren sie mit einem Veranstalter für Bergtouren drei Tage auf dem Pass zur Höhenanpassung für eine Gipfeltour auf die Monte Rosa. Am Platz der Oberto-Hütte stand damals die Malnate-Hütte. Einige Fotos erinnern an die ehemalige Malnate-Hütte, ihren Abriß und den Neubau der Oberto-Hütte. Die Malnate-Hütte war zwar primitiv, aber der damalige Hüttenwirt Dino gestaltete den Aufenthalt mit seiner Gastfreundschaft zu einem unvergessenen Erlebnis. 

Die neue Hütte ist ungemütlich. Vorerst sind wir die einzigen Übernachtungsgäste und können uns daher auf die beiden Vierbettzimmer verteilen. Zwischen den Zimmern liegt ein „piccolo bagno“, ein stinkender Raum mit einem Stehklo und einer mickrigen Wasserstelle. Später kommt noch eine Gruppe von fünf Holländern, die mit dem Lager vorlieb nehmen. Die Holländer sind von Saas Grund aufgestiegen und organisieren lediglich einen Hüttenausflug. Morgen wollen sie wieder zurück nach Saas Grund.
Für den nächsten Tag steht eine sehr lange und anstrengende Etappe über den Turlopaß an. Die Gehzeit ist mit 7:30 Std. angegeben. Nach unseren Erfahrungen müssen wir mit 50% zusätzlichem Zeitbedarf rechnen und liegen dann bei 11–12 Stunden ohne Pausen. Das ist einfach zu lang. Lisa und Katrin beraten sich mit der Hüttenwirtin über die Möglichkeit, den Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen. Die Hüttenwirtin ist hilfsbereit und recherchiert per Internet die Anschlüsse. Die Verbindung ist umständlich, erfordert mehrere Umstiege und ist mit einer langen Reise bis in die Po-Ebene verbunden: Macunaga – Piedimulera – Novara – Varallo – Alagna. Zwischen Novara und Varallo liegt der Ort Borgosesia. Hier lag Karl im Sommer des Vorjahres nach einem Bergunfall 2 Tage im Krankenhaus. Aber das ist Vergangenheit. Jetzt müssen wir nach vorne schauen und den nächsten Tag planen. Wir entscheiden uns für die Variante des Aufteilens. Lisa und Katrin mit Hund nehmen die öffentlichen Verkehrsmittel. Gisa und Karl wollen die Etappe gehen und erwarten, in der vorgegebenen Zeit zu bleiben. 

Heute haben wir genügend Zeit für unseren SMS-Austausch mit Anne B. und nun auch mit Anna und Paul. Beide haben uns bereits geschrieben und erhalten vor dem Abendessen von uns einen Kurzbericht. Das Abendessen setzt sich aus den in Italien üblichen vier Gängen zusammen. Wir starten mit Spaghetti Bolognese und als Zwischengang gibt es Salat. Für den Fleischgang haben wir die Wahl zwischen arista oder costoletta. Zum Abschluß gibt es einen sehr guten Bergkäse oder Früchte.

Heute hatten wir einen leichten Tag, weshalb es uns noch nicht ins Bett zieht und wir uns der mitgeführten Lektüre widmen. Der offene Wein ist gut und preisgünstig. So trinken wir noch ein paar Gläschen zur Lektüre, bis wir Bettschwere verspüren.

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